In einem bedeutenden Fortschritt für die Behandlung von Sichelzellanämie (SCD) hat das National Institute for Health and Care Excellence (NICE) die CRISPR-Gentherapie zur Anwendung im National Health Service (NHS) in England genehmigt. Diese Entscheidung könnte das Leben vieler Patienten mit schweren Krankheitsverläufen nachhaltig verbessern.
NICE gibt Exa-cel-Therapie nach erneuter Prüfung frei
Noch im März 2023 hatte NICE die Gentherapie exagamglogene autotemcel (exa-cel) abgelehnt – vor allem wegen der hohen Behandlungskosten. Nach einer erneuten Analyse der Wirksamkeit hat die Behörde nun jedoch ihre Entscheidung geändert und die Therapie für den Einsatz im NHS freigegeben. Zuvor hatte sie Exa-cel bereits für Beta-Thalassämie zugelassen.
Die britische Arzneimittelbehörde hatte die Therapie bereits im November 2023 genehmigt, doch mit Kosten von 1,6 Millionen Pfund (€1,9 Millionen) pro Behandlung stand die Finanzierbarkeit für das öffentliche Gesundheitssystem in Frage.
Sichelzellanämie ist eine erblich bedingte Blutkrankheit, die die Struktur und Funktion der roten Blutkörperchen verändert. Dies kann zu starken Schmerzen, Anämie, Infektionen und schweren gesundheitlichen Komplikationen führen. Besonders betroffen sind Menschen mit afrikanischer, karibischer, nahöstlicher oder südasiatischer Abstammung.
Bisherige Behandlungsmöglichkeiten sind begrenzt und oft mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden, so NICE. Mit der neuen CRISPR-Therapie können nun Patienten ab 12 Jahren, die an schweren Krankheitsverläufen leiden und für eine Stammzelltransplantation infrage kommen, aber keinen geeigneten Spender haben, eine alternative Therapie erhalten.
Ein Hoffnungsschimmer für Betroffene
Funmi Dasaolu, die selbst an Sichelzellanämie leidet und an der Entscheidung von NICE beteiligt war, bezeichnete die Zulassung als Meilenstein.
„Die Genehmigung von Exa-cel ist ein bedeutender Fortschritt für die Behandlung von Sichelzellanämie in Großbritannien“, erklärte sie. „Diese Entscheidung hilft, lange bestehende Ungleichheiten im Gesundheitswesen zu verringern und gibt vielen Betroffenen eine neue Hoffnung auf ein besseres Leben.“
CRISPR-Technologie: Innovation mit Herausforderungen
Die CRISPR/Cas9-Genschere, die diese Therapie ermöglicht, wurde von Emmanuelle Charpentier und Jennifer A. Doudna entwickelt. Ihre Forschung wurde 2020 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.
Die Behandlung mit Exa-cel, auch als Casgevy bekannt, funktioniert durch Entnahme von Blutstammzellen, genetische Modifikation mit CRISPR im Labor und anschließende Rückführung in den Körper. Ziel ist es, die genetische Mutation, die Sichelzellanämie verursacht, dauerhaft zu korrigieren.
Trotz der Euphorie gibt es noch offene Fragen. Professorin Felicity Gavins, Pharmakologin an der Brunel University London, sieht in Exa-cel eine revolutionäre Therapie, betont aber, dass sie nicht für alle Patienten eine vollständige Heilung bedeutet.
„Es ist wichtig, weiterhin in Forschung zu investieren, um weitere Behandlungsmöglichkeiten für Sichelzellpatienten zu entwickeln und verbleibende Herausforderungen in der Versorgung zu lösen“, sagte sie.
Um die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit der Therapie zu bewerten, wird NICE Patientendaten sammeln und Exa-cel in Zukunft erneut einer Bewertung unterziehen.