Thames Water braucht dringend frisches Kapital, um eine Insolvenz in wenigen Wochen zu vermeiden. Am Montag wird das Unternehmen vor Gericht gehen, um die Genehmigung für eine Notfinanzierung zu erhalten.
Kreditgeber bieten bis zu 3 Milliarden Pfund an kurzfristigen Darlehen. Dies soll Thames Water Zeit für eine umfassende Restrukturierung verschaffen. Ohne diese Finanzierung rückt die vorübergehende Verstaatlichung des größten britischen Wasser- und Abwasserunternehmens näher. Experten schätzen die jährlichen Kosten für den Staat auf bis zu 2 Milliarden Pfund.
Langfristige Probleme und Konsequenzen für Kunden
Das Unternehmen prüft weiterhin, ob es gegen eine Entscheidung der Regulierungsbehörde Ofwat Einspruch einlegen soll. Diese hatte einer Preiserhöhung von 35 % über die Inflation hinaus zugestimmt, weit unter den von Thames geforderten 53 %. Thames Water steht wegen zahlreicher Lecks und Abwasservorfälle unter scharfer Kritik.
Die finanziellen Schwierigkeiten begannen vor etwa 18 Monaten. Damals startete die Suche nach neuen Mitteln zur Vermeidung einer Insolvenz. Ursachen der Misere sind unter anderem schlechte Regulierung, hohe Verschuldung, gierige Aktionäre, Klimawandel und Managementversagen. Der Schuldenstand des Unternehmens liegt derzeit bei rund 17 Milliarden Pfund. Dennoch bleibt die Wasserversorgung der Haushalte gesichert.
In einem neuen Überlebensversuch haben Kreditgeber angeboten, weitere 3 Milliarden Pfund in zwei Raten zu gewähren. Die erste Rate soll das Unternehmen bis zum Herbst stützen. Die zweite Zahlung wäre für den Fall vorgesehen, dass Thames gegen die Ofwat-Entscheidung vorgeht. Ein solcher Einspruch vor der Wettbewerbs- und Marktbehörde (CMA) könnte bis zu ein Jahr dauern. Thames hat bis zum 18. Februar Zeit, diesen Einspruch einzulegen.
Das Investmenthaus Rothschild sucht derzeit auch nach möglichen Käufern, die frisches Kapital bereitstellen könnten.
Gerichtstermin und mögliche Verstaatlichung
Am Montag startet eine vier Tage dauernde Anhörung. Einige Kreditgeber stellen die Bedingungen der Notfinanzierung in Frage und bieten Alternativen an. Auch wenn Thames Water nicht sofort zusammenbrechen würde, würde das Scheitern der Verhandlungen die Verstaatlichung unter einem sogenannten „Special Administration Regime“ wahrscheinlicher machen. Die Regierung hat bereits mehrere Beratungsfirmen kontaktiert, um für diesen Fall vorbereitet zu sein.
Thames betont, dass die Versorgung der 16 Millionen Kunden weiterhin sichergestellt bleibt. Dennoch stellt sich die Frage nach der Zukunft des Unternehmens und anderer wichtiger Infrastrukturanbieter. Einige fordern, dass Thames in die Insolvenz gehen und vom Staat übernommen werden sollte. Frühere Eigentümer hätten das Unternehmen mit Schulden überladen und hohe Dividenden ausgeschüttet, während sie Führungskräfte großzügig bezahlten. Kunden jetzt höhere Preise für einen mangelhaften Service zahlen zu lassen, wäre ein schweres Unrecht.
Andere machen schlechte Regulierung für die Probleme verantwortlich. Jahrelang waren die Wasserpreise zu niedrig, was dringend benötigte Investitionen verhinderte. Inzwischen setzt ein feuchteres Klima die alternde Infrastruktur unter zusätzlichen Druck. Ofwat verhängt zudem hohe Geldstrafen für Fehler, was dem Unternehmen die Mittel für notwendige Reparaturen entzieht.
Sowohl Thames Water als auch die Regierung wollen eine Verstaatlichung vermeiden. Schätzungen zufolge könnte dies jährlich bis zu 2 Milliarden Pfund kosten. Doch das Scheitern von Thames als Privatunternehmen könnte ein negatives Signal an internationale Investoren senden. Diese sind entscheidend für die Infrastrukturprojekte, auf die die Regierung unter Kanzlerin Rachel Reeves setzt.
Quellen nahe dem Unternehmen und seinen Kreditgebern sehen die Lage kritisch. Man könne vergangene Fehler nicht mehr rückgängig machen. Nun stehe man vor der Wahl: Entweder eine Sonderregelung für Thames oder das Risiko eines Zusammenbruchs.
In den nächsten zwei Wochen muss Thames Water entscheiden, ob es den Einspruch bei der CMA einlegt. Dabei besteht jedoch das Risiko, dass die Behörde die erlaubte Preiserhöhung sogar senkt. Die CMA steht dabei selbst unter Druck, nachdem ihr Vorsitzender letzte Woche wegen wachstumskritischer Entscheidungen gehen musste. Thames fordert höhere Preise, um in den kommenden fünf Jahren 20 Milliarden Pfund zu investieren. Dies könnte für die neue Führung der CMA zu einem entscheidenden Testfall werden.