Der Euro kletterte auf 1,0850 US-Dollar und machte damit die Verluste seit Trumps Wahlsieg wieder wett, nachdem er in der vergangenen Woche um 4,4 % gestiegen war.
Deutschlands fiskalpolitische Kehrtwende und Anzeichen wirtschaftlicher Schwäche in den USA haben die Erholung des Euro begünstigt und die stärkste Rallye seit 2009 ausgelöst.
Während einige Analysten weitere Kursgewinne prognostizieren, warnen andere, dass Deutschlands finanzpolitische Herausforderungen und drohende US-Zölle das Potenzial für weitere Anstiege begrenzen könnten.
Deutsche Finanzreformen sorgen für Optimismus
Der wichtigste Treiber des jüngsten Euro-Anstiegs war Deutschlands beispiellose fiskalpolitische Neuausrichtung unter der CDU/CSU-geführten Koalition.
Die Regierung plant eine Reform der strikten Schuldenbremse und die Schaffung eines 500-Milliarden-Euro-Infrastrukturfonds, um Wachstum und Verteidigungsausgaben zu fördern.
Diese Reformen erfordern eine Verfassungsänderung, sodass der designierte Kanzler Friedrich Merz eine Zweidrittelmehrheit im Parlament gewinnen muss – vermutlich mit Unterstützung der Grünen.
„Sollten diese Maßnahmen umgesetzt werden, wird dies der deutschen Wirtschaft erheblichen Auftrieb geben“, erklärte die Danske Bank, die mit einer Zustimmung in der kommenden Woche rechnet.
Aktuelle Daten zeigen, dass die deutsche Industrieproduktion im Januar um 2 % gegenüber dem Vormonat gestiegen ist und damit die Prognosen von 1,5 % übertroffen hat, was die positive Stimmung weiter verstärkt.
Sorgen um das US-Wachstum verändern die Anlagestrategien
Bedenken über ein nachlassendes US-Wirtschaftswachstum und Unsicherheiten im Handel haben Investoren dazu veranlasst, ihre „US-Exzeptionalismus“-Strategie zu überdenken.
Fed-Vorsitzender Jerome Powell räumte letzte Woche zunehmende wirtschaftliche Risiken ein, nachdem Arbeitsmarktdaten auf eine Abschwächung hindeuteten.
Das GDPNow-Modell der Atlanta Fed prognostiziert für das erste Quartal eine mögliche Schrumpfung der US-Wirtschaft um bis zu 2,4 %, was Zweifel an der Dollar-Stärke weckt.
EZB-Zinssenkungen und unterschiedliche Prognosen
Die Europäische Zentralbank (EZB) senkte letzte Woche die Zinsen um 25 Basispunkte, bleibt jedoch vorsichtig in Bezug auf weitere Lockerungen.
EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel warnte, dass die Inflation länger als erwartet über 2 % bleiben könnte, was den Spielraum für aggressive Zinssenkungen einschränkt.
Die Danske Bank überdenkt nun ihre Prognose und stellt infrage, ob es im April zu einer weiteren Zinssenkung kommen wird.
Bank of America sieht Euro bei 1,20
Die Bank of America bleibt optimistisch und erwartet einen weiteren Anstieg des Euro, unterstützt durch Stimmungswechsel und strukturelle Reformen in der Eurozone.
„Der Markt bleibt weiterhin auf fallende EUR/USD-Kurse positioniert“, erklärte Athanasios Vamvakidis, Devisenstratege der Bank of America.
Die Bank argumentiert, dass der Euro unterbewertet bleibt, da EUR/USD noch weit unter seinem Durchschnitt nach der Finanzkrise von 1,20 liegt.
Angesichts der deutschen Finanzexpansion und umfassenderer Eurozonen-Reformen erwartet die Bank of America nun einen Anstieg des EUR/USD auf 1,15 bis Ende 2025 und 1,20 bis Ende 2026.
Goldman Sachs prognostiziert Rückgang des Euro unter Parität
Goldman Sachs bleibt skeptisch und nennt Umsetzungsrisiken sowie eine mögliche wirtschaftliche Erholung der USA als Faktoren, die den Euro belasten könnten.
„Es gibt erhebliche Herausforderungen bei der Umsetzung, insbesondere bei der schnellen Verabschiedung der deutschen Finanzmaßnahmen“, erklärte Kamakshya Trivedi, Leiter der globalen Devisenstrategie bei Goldman Sachs.
Die Bank führt einen großen Teil der jüngsten Euro-Rallye auf eine temporäre Dollarschwäche zurück, die durch US-Wachstumsängste ausgelöst wurde.
Goldman Sachs prognostiziert einen Rückgang des EUR/USD auf 1,02 innerhalb der nächsten drei Monate und möglicherweise unter Parität (0,99) innerhalb eines Jahres.
Die Bank argumentiert, dass eine anhaltend starke US-Wirtschaft und zunehmende Handelskonflikte den Euro langfristig weiter schwächen könnten.