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Kritische Medikamentenengpässe in der EU

by Silke Mayr
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Ursachen und aktuelle Situation

In der Europäischen Union gibt es derzeit einen Mangel an 16 essenziellen Medikamenten, die für die Gesundheit der Menschen als kritisch gelten. Die Ursachen für die Engpässe sind Produktionsprobleme, eine gestiegene Nachfrage und andere Herausforderungen.

Ein Medikament wird auf die Mangel-Liste der EU gesetzt, wenn es Produktionsschwierigkeiten gibt, die Nachfrage plötzlich steigt oder der Hersteller beschließt, das Mittel vom Markt zu nehmen. Dies kann zu einem vorübergehenden oder dauerhaften Versorgungsengpass führen.

Laut der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) bestehen derzeit Engpässe bei insgesamt 34 Medikamenten. Sechzehn davon stehen auf der Liste der essenziellen Arzneimittel, die die Europäische Kommission mit dem neuen Gesetz für kritische Medikamente stärken möchte.

Diese kritischen Medikamente sind derzeit knapp

Gegenmittel bei Cyanidvergiftung

Cyanokit ist das einzige in der EU zugelassene Medikament zur Behandlung von Cyanidvergiftungen. Es enthält den Wirkstoff Hydroxocobalamin (Vitamin B12a), der auf der Liste der kritischen Arzneimittel steht.

Im Dezember 2024 gaben Gesundheitsbehörden bekannt, dass die Produktion von Cyanokit ausgesetzt wurde, nachdem der Hersteller eine mögliche Verunreinigung einiger Chargen festgestellt hatte. Da das Risiko gering ist und es keine Alternative gibt, bleiben die betroffenen Chargen weiterhin im Umlauf. Die Knappheit soll bis Mai 2025 behoben sein.

Antibiotikum Amoxicillin

Amoxicillin ist ein Antibiotikum zur Behandlung bakterieller Infektionen. Seit Oktober 2022 herrscht ein Mangel, da eine Zunahme von Atemwegserkrankungen die Nachfrage stark erhöhte.

Die Hersteller hatten zudem nicht genügend Personal, um die Produktion aufrechtzuerhalten. In den meisten Ländern hat sich die Lage inzwischen verbessert, aber in einigen Regionen Europas treten weiterhin sporadische Lieferprobleme auf.

Bestimmte Inhalatoren

Patienten mit Asthma, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und anderen Atemproblemen benötigen Salbutamol, das meist per Inhalator oder Vernebler verabreicht wird.

Hersteller kämpfen mit der steigenden Nachfrage, was zu wiederkehrenden Engpässen in fast der gesamten EU führt. Alternativen sind verfügbar, doch die Knappheit wird voraussichtlich bis Mitte 2025 anhalten.

Einige Insulinarten

Diabetiker mit Typ 1 oder Typ 2 benötigen Insulin zur Blutzuckerkontrolle. Produktionsprobleme führten Anfang 2023 zu Verzögerungen bei den Insulinsorten Insuman Rapid, Basal und Comb 25.

Zusätzlich stellte der Hersteller die Produktion dieser Insuline ein, sodass die EMA Ärzte aufforderte, Patienten auf andere Marken umzustellen.

Sieben Krebsmedikamente

In der EU fehlen sieben Krebsmedikamente: Hycamtin, Methotrexat, Fludarabin, Fluorouracil, Cisplatin, Fasturtec und Paclitaxel.

Die Hauptursachen sind Produktionsprobleme. Zudem hat eine unerwartet hohe Nachfrage nach Methotrexat-Spritzen, die auch bei entzündlichen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis, Psoriasis und Morbus Crohn helfen, die Lage in einigen Ländern verschärft.

Für einige dieser Medikamente entspannt sich die Situation langsam, und es gibt teilweise alternative Behandlungsmöglichkeiten.

Impfstoff gegen ein durch Mücken übertragenes Virus

Ixiaro schützt vor Japanischer Enzephalitis, einer Erkrankung, die mit Dengue, Gelbfieber und dem West-Nil-Virus verwandt ist und eine Hirnentzündung verursachen kann.

Produktionsprobleme und eine erhöhte Nachfrage führten zu Lieferengpässen. Die EMA erwartete eine Entspannung bis Januar 2025, aber irische Behörden gehen nun davon aus, dass der Impfstoff dort erst Ende April 2025 wieder verfügbar sein wird.

Weitere betroffene Medikamente

Arznei gegen Blutkrankheiten

Peginterferon alfa-2a, unter dem Namen Pegasys bekannt, wird zur Behandlung chronischer Hepatitis B und C sowie anderer Blutkrankheiten eingesetzt.

Eine unerwartet hohe Nachfrage hat zu Engpässen geführt, die laut EMA voraussichtlich erst Ende 2025 behoben sein werden.

Schizophrenie-Medikament

Zypadhera, auch als Olanzapin bekannt, hilft bei der Behandlung von Schizophrenie.

Patienten können nach einer oralen Einnahme auf Injektionen umsteigen. Doch es mangelt an speziellen Nadeln, wodurch das Medikament in einigen EU-Ländern nur begrenzt verfügbar ist. In Belgien gibt es bereits wieder geringe Mengen.

Herzinfarkt-Prävention

Integrilin kann bei Erwachsenen mit starken Brustschmerzen oder nach bestimmten Herzinfarkten weitere Anfälle verhindern.

Der Hersteller GlaxoSmithKline stellte die Produktion des Wirkstoffs Eptifibatid ein und nahm das Medikament vom Markt. Alternativen stehen zur Verfügung.

Medikament gegen Augenleiden

Verteporfin, unter dem Handelsnamen Visudyne bekannt, wird zur Behandlung bestimmter Augenkrankheiten wie altersbedingter Makuladegeneration genutzt.

Seit Mai 2020 ist die Produktion eingeschränkt, wodurch das Medikament nur begrenzt verfügbar ist. Andere Therapien existieren, doch eine umfassende Wiederverfügbarkeit wird in Österreich erst Ende 2025 erwartet.

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