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Teslas Herausforderungen gehen weit über Elon Musks Kontroversen hinaus

by Michael Blaser
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Ein treuer Tesla-Fahrer steigt aus

“Dieses Auto war drei Jahre lang unser Familienwagen, und es war ein absoluter Traum”, sagt Ben Kilbey, während er seinen strahlend perlweißen Tesla Model Y zeigt.

Ben ist ein begeisterter Verfechter von Elektroautos. Er leitet eine Kommunikationsagentur, die nachhaltige Unternehmen in Großbritannien unterstützt. Dennoch will er seinen Model Y nun loswerden, weil er Musks Handlungen ablehnt. Besonders stört ihn, wie der Tesla-Chef US-Regierungsangestellte entlassen hat.

“Ich bin kein Fan von Polarisierung oder Handlungen ohne Mitgefühl”, sagt er. “Man kann Dinge auf eine Weise tun, die Menschen nicht ausgrenzt oder erniedrigt. Ich mag keine Erniedrigung.”

Ben ist Teil einer wachsenden Gegenbewegung gegen Musk. Seit seiner Ernennung zum Leiter des umstrittenen Ministeriums für Regierungseffizienz (DOGE), das massive Staatsausgaben kürzen soll, nimmt die Kritik zu. Musk hat sich zudem in die internationale Politik eingemischt, indem er per Videoauftritt eine Kundgebung der rechtsextremen Partei Alternative für Deutschland unterstützte. Auch britische Politiker wie Premierminister Keir Starmer griff er online an.

Für viele Menschen ist das alles zu viel.

Vor Dutzenden Tesla-Niederlassungen gab es Proteste, nicht nur in den USA, sondern auch in Kanada, Großbritannien, Deutschland und Portugal. Meist verliefen sie friedlich, doch es kam auch zu Vandalismus. In Frankreich und Deutschland wurden mehrere Fahrzeuge angezündet.

Besonders der Tesla Cybertruck geriet ins Visier der Gegner. In sozialen Medien kursieren Videos von mit Hakenkreuzen beschmierten oder mit Müll bedeckten Fahrzeugen. Einige wurden sogar als Skateboard-Rampen missbraucht.

US-Präsident Donald Trump stellte sich schnell hinter Tesla. Er erlaubte dem Unternehmen, seine Fahrzeuge vor dem Weißen Haus zu präsentieren, und versprach, selbst eines zu kaufen. Zudem erklärte er die Angriffe auf Tesla-Häuser als “inländischen Terrorismus”.

Musk selbst zeigte sich ebenfalls unnachgiebig. “Diese Gewalt ist verrückt und zutiefst falsch”, sagte er in einem Interview mit Fox News. “Tesla baut nur Elektroautos und hat diese bösartigen Angriffe nicht verdient.”

Tesla steht vor wirtschaftlichen Problemen

Es ist schwer zu messen, wie sehr sich diese Kontroversen auf Tesla als Unternehmen auswirken. Doch Experten sind sich einig, dass die Probleme über Musks politische Haltung hinausgehen.

Vor zwanzig Jahren war Tesla ein kleines Start-up mit großen Träumen. Heute ist es der weltweit meistverkaufte Hersteller von Elektroautos mit riesigen Fabriken rund um den Globus. Das Unternehmen hat bewiesen, dass E-Autos leistungsstark, praktisch und aufregend sein können.

Musk, der seit 2004 eine zentrale Rolle bei Tesla spielt, war maßgeblich für diesen Aufstieg verantwortlich. Doch in letzter Zeit sorgt er mehr mit seinen politischen Aussagen für Schlagzeilen als mit Innovationen.

Obwohl das Model Y im letzten Jahr das meistverkaufte Auto der Welt war, gingen die Gesamtverkäufe erstmals seit über zehn Jahren zurück. Die Zahlen fielen von 1,81 auf 1,79 Millionen Fahrzeuge. Besonders in Europa verlief der Jahresbeginn schlecht. Im Januar sanken die Neuzulassungen um 45 % im Vergleich zum Vorjahr. Auch im Februar fielen die Zahlen in wichtigen Märkten, außer in Großbritannien, wo sie um 21 % stiegen.

In China, einem der wichtigsten Märkte für Tesla, gingen die Auslieferungen von in China produzierten Modellen um mehr als 49 % zurück.

Im März prognostizierte UBS-Analyst Joseph Spak einen weltweiten Absatzrückgang von 5 % für Tesla. Diese unerwartete Prognose führte zu einem Kurssturz der Tesla-Aktie um 15 % an nur einem Tag. Seit Jahresbeginn hat das Unternehmen bereits 40 % seines Wertes verloren.

Eine Untersuchung des Marktforschungsunternehmens Morning Consult Intelligence legt nahe, dass Musks politisches Engagement Tesla geschadet hat. Besonders in der EU und Kanada ging die Kaufbereitschaft zurück. In den USA ist die Lage gemischt: Einige potenzielle Kunden begrüßen Musks Regierungskürzungen, doch wohlhabende Verbraucher, die sich für E-Autos interessieren, bevorzugen zunehmend andere Marken.

Wettbewerb und veraltete Modelle setzen Tesla unter Druck

Tesla hat es nicht nur mit einem Imageproblem zu tun. Auch die Fahrzeugpalette ist in die Jahre gekommen.

Das Model S kam 2012 auf den Markt, das Model X 2015. Selbst das Model 3 und Model Y wirken mittlerweile nicht mehr topmodern. Die einzige Neuheit ist der Cybertruck, der jedoch eine Nischenerscheinung bleibt.

“Teslas Modellpalette wurde lange nicht erneuert”, sagt Stephanie Valdez Streaty von Cox Automotive. “Der Model Y wurde überarbeitet, aber das war kein großer Wurf. Und es gibt mittlerweile so viel mehr Konkurrenz.”

Prof. Peter Wells von der Cardiff University sieht das ähnlich: “Es fehlt an Innovation. Musk hätte sich mehr auf neue Produkte konzentrieren müssen. Das ist ein großes Problem.”

Konkurrenten aus aller Welt holen auf. Traditionelle Hersteller wie Kia und Hyundai haben stark in Elektroautos investiert und bieten attraktive Modelle an. Gleichzeitig drängen chinesische Unternehmen mit leistungsstarken, günstigen Fahrzeugen auf den Markt. Besonders BYD expandiert schnell und entwickelt neue Technologien, wie ein Ultraschnellladesystem, das eine Reichweite von 400 Kilometern in fünf Minuten ermöglicht.

Musk setzt stattdessen auf Robotaxis. Im Januar kündigte er an, dass in Texas bis Juni ein autonomer Fahrdienst starten würde. Experten zweifeln jedoch an solchen Versprechen. Bereits 2019 sagte Musk, dass innerhalb eines Jahres eine Million Teslas als Robotaxis fahren würden. Bisher gibt es keine Anzeichen dafür.

Braucht Tesla eine neue Führung?

Tesla könnte eine starke und fokussierte Führung brauchen. Doch Musk jongliert mehrere Unternehmen gleichzeitig, darunter das soziale Netzwerk X, das KI-Start-up xAI und das Raumfahrtunternehmen SpaceX.

“Es ist unklar, wie viel Zeit Musk noch aktiv für Tesla hat”, sagt Prof. Wells. “Wenn er weiterhin die wichtigsten Entscheidungen trifft, müssen diese richtig sein. Doch dafür braucht es 100 % Einsatz.”

Trotz des Wertverlustes ist Tesla an der Börse immer noch mehr als 100-mal so viel wert wie seine Gewinne. Das ist weit mehr als Konkurrenten wie Ford oder Toyota. Doch Analysten glauben, dass das Unternehmen von neuer Führung profitieren würde.

“Ein neuer CEO wäre das Beste, was Tesla passieren könnte”, sagt Matthias Schmidt von Schmidt Automotive Research. “Es würde die negativen Auswirkungen von Musk reduzieren und dem Unternehmen eine klarere Richtung geben.”

Ob es dazu kommt, bleibt abzuwarten. Doch eins ist sicher: Tesla steht vor großen Herausforderungen.

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