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Trumps Investitionsversprechen: Fakten statt Fiktion

by Michael Blaser
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Dramatische Zahlen und kühne Aussagen

US-Präsident Donald Trump bezeichnet Zölle als sein Lieblingswort. Doch seine wahre Leidenschaft scheint die Wirtschaftsinvestition zu sein. Im vergangenen Monat behauptete er, über 12 Billionen Dollar seien unter seiner Führung „praktisch zugesagt“ worden. Er schrieb diese angebliche Entwicklung seiner Politik zu: Zölle, Steuersenkungen und Deregulierung.

Falls diese Zahl stimmen sollte, würde sie das gesamte Brutto-Investitionsvolumen der USA vom Vorjahr – rund vier Billionen Dollar – nahezu verdreifachen. Doch entsteht hier wirklich eine neue goldene Ära wirtschaftlicher Stärke oder handelt es sich lediglich um politische Inszenierung?

Fragwürdige Datenlage und erste Hinweise

Es ist zu früh, um Trumps Aussagen mit belastbaren Daten zu belegen. Die US-Regierung veröffentlicht nur vierteljährlich Statistiken zu Unternehmensinvestitionen. Die Zahlen von Januar bis März – nur zwei Monate unter Trump – zeigen zwar einen Anstieg, doch Experten sehen darin vor allem Effekte eines früheren Streiks bei Boeing.

Weitere Hinweise aus Umfragen und Berichten deuten darauf hin, dass Trumps Einfluss auf Investitionen weit weniger dramatisch ausfällt, als von ihm dargestellt. Wirtschaftswissenschaftler Nick Bloom von der Stanford University, der den Einfluss von Unsicherheit auf Investitionen erforscht, erklärt: „Fast alle verfügbaren Informationen betreffen Projekte, die bereits im letzten Jahr geplant wurden.“ Seiner Einschätzung nach gehen Investitionen derzeit leicht zurück – nicht stark, aber spürbar – da hohe Unsicherheit viele Unternehmen zögern lässt.

Ein Beispiel liefert der Schweizer Pharmakonzern Roche, der im April Investitionen von 50 Milliarden Dollar in den USA über fünf Jahre ankündigte. Doch viele dieser Projekte waren bereits in der Planung. Zudem warnt die Geschäftsleitung, dass Trumps Pläne zur Preisregulierung von Medikamenten ihre Investitionspläne gefährden könnten.

Fragwürdige Ankündigungen und schöngerechnete Summen

Trump verweist regelmäßig auf Investitionsversprechen prominenter Unternehmen wie Apple und Hyundai. Das Weiße Haus führt eine Liste solcher Ankündigungen und bezifferte sie Anfang Juni auf 5,3 Billionen Dollar – weniger als die Hälfte der von Trump genannten Summe.

Doch selbst diese Zahl erscheint übertrieben. Ein Drittel der 62 gelisteten Projekte wurde bereits vor Trumps Amtszeit ganz oder teilweise geplant. So kündigte der US-Hersteller Corning eine Investition von 1,5 Milliarden Dollar an – der Kern des Projekts, nämlich 900 Millionen Dollar, wurde jedoch schon Anfang 2024 bekannt gegeben. Der Autokonzern Stellantis versprach 2023, ein Werk in Belvidere, Illinois, wieder zu eröffnen – dieses Vorhaben taucht ebenfalls in Trumps Liste auf.

Zudem beinhalten viele der genannten Summen keine echten Investitionen. Apples „500-Milliarden-Dollar-Initiative“ zum Beispiel umfasst auch Steuerzahlungen und Gehälter bereits angestellter Mitarbeiter. Eine Zusage des staatlichen Investmentfonds ADQ und der Firma Energy Capital betrifft außerdem nicht ausschließlich Investitionen in den USA.

Realistische Einschätzungen und ökonomische Realität

Goldman Sachs analysierte die tatsächlichen Investitionen, die sich aus den Ankündigungen ergeben haben. Mitte Mai lag die Summe wahrscheinlich bei etwa 134 Milliarden Dollar. Zieht man Projekte ab, die möglicherweise nie umgesetzt werden oder ohnehin geplant waren, bleiben nur rund 30 Milliarden übrig – ausgenommen davon sind Investitionen ausländischer Regierungen.

Die Analysten betonen, dass diese Steigerung zwar wirtschaftlich relevant sei, aber weit hinter den Schlagzeilen zurückbleibe. Auf Kritik an der Datenlage reagierte Regierungssprecher Kush Desai abwehrend. Die Regierung verfolge einen umfassenden Ansatz, um Investitionen in die USA zu lenken, sagte er – und kein noch so kleinliches „Haarspalten“ könne das infrage stellen. Zahlreiche Firmen hätten explizit Trumps Politik als Auslöser für ihre Pläne genannt.

Übertreibung mit System und begrenzter Wirkung

Politische Übertreibung gehört zum Geschäft. Doch Trumps weitreichende Eingriffe in die Wirtschaft – etwa durch Zölle – geben Unternehmen einen Anreiz, Investitionspläne übertrieben darzustellen, sagt Martin Chorzempa vom Peterson Institute for International Economics. Firmen hätten durch Ankündigungen heute Vorteile, ohne sich fest an deren Umsetzung binden zu müssen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass Trumps Maßnahmen wirkungslos bleiben. Drohungen mit Zöllen haben Pharmafirmen dazu gebracht, neue Produktionsstandorte in den USA zu planen, sagt Stephen Farrelly von ING. Doch er warnt auch: Diese Investitionen ziehen sich über Jahre und betreffen meist ohnehin profitable Markenmedikamente. Günstige Generika, auf die viele Amerikaner angewiesen sind, stammen weiterhin überwiegend aus China und Indien.

Farrelly weist zudem auf die Unsicherheit hin, die Trumps Politik bei langfristigen Investitionen im Pharmabereich schafft – insbesondere im Hinblick auf Zölle, Medikamentenpreise und staatliche Forschungsausgaben.

Strukturelle Probleme und fragwürdige Lösungsansätze

Ökonomen rechnen insgesamt mit einem Rückgang des Investitionswachstums in den USA – nicht zuletzt aufgrund politischer Unsicherheiten. German Gutierrez von der University of Washington lobt zwar Trumps Absicht, Investitionen anzuregen, kritisiert jedoch dessen Fokus auf internationalen Wettbewerb. Seine Forschung zeigt, dass ein Großteil des Investitionsrückgangs auf Marktkonzentration zurückgeht: Wenige Großunternehmen dominieren ganze Branchen, was Investitionsanreize verringert.

Zudem investieren Firmen eher in Software und andere günstigere Güter – statt in Fabriken oder Maschinen. Zölle, so Gutierrez, helfen bei dieser strukturellen Herausforderung kaum weiter. „Die Methoden und Instrumente sind nicht geeignet, das eigentliche Ziel zu erreichen. Es braucht deutlich mehr, um echte Investitionsdynamik zu erzeugen“, betont er.

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