Initiative von Tamara Funiciello bleibt ohne Erfolg
Die parlamentarische Initiative der SP-Nationalrätin Tamara Funiciello zur Verschärfung des Strafrechts bei unterlassener Hilfeleistung in Fällen sexueller Gewalt ist am Widerstand des Ständerats gescheitert. Mit 13 zu 30 Stimmen wurde der Vorschlag am Montag abgelehnt – und damit endgültig verworfen.
Der Vorstoß sah vor, Artikel 128 des Strafgesetzbuchs so zu erweitern, dass künftig auch unterlassene Hilfe in Situationen bestraft wird, in denen eine erkennbare unmittelbare Gefahr schwerer körperlicher oder sexueller Verletzungen besteht. Derzeit gilt die Nothilfe-Pflicht nur bei Lebensgefahr oder wenn der Täter selbst die Verletzung verursacht hat.
Hintergrund: Ein Freispruch sorgt für Empörung
Auslöser für Funiciellos Initiative war ein Bundesgerichtsurteil von 2021. Darin wurde ein Mann freigesprochen, obwohl er eine Vergewaltigung nicht verhinderte, obwohl er wusste, was geschah – und den Täter sogar selbst ins Zimmer gelassen hatte. Für Funiciello war dieses Verhalten nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch strafwürdig.
Der Nationalrat hatte die Initiative im vergangenen Jahr noch unterstützt. Doch der Ständerat folgte der knappen Mehrheit seiner Rechtskommission, die argumentierte, das Strafrecht solle nicht auf Grundlage eines Einzelfalls geändert werden.
Kritik an unklaren Rechtsfolgen und praktischen Problemen
Kommissionssprecher Beat Rieder warnte vor unklaren juristischen Folgen. Eine Ausweitung des Tatbestands könne dazu führen, dass Zeugen künftig keine Aussagen mehr machen, um sich nicht selbst zu belasten. In Strafverfahren müsste dann öfter auf Auskunftspersonen statt Zeugen zurückgegriffen werden – mit rechtlichen Nachteilen für die Strafverfolgung.
Auch sei es schwierig, den Begriff einer „schweren Verletzung“ rechtssicher zu definieren oder zu bewerten, was einem Zeugen „zuzumuten“ sei. Rieder sagte im Rat: „Mut und Anstand kann man nicht über das Strafrecht erzwingen.“
Die Gegenposition vertrat Mathilde Crevoisier Crelier (SP/JU): Sie erinnerte daran, dass das Strafgesetzbuch auch heute keine unmöglichen Hilfeleistungen verlange. Frauen hätten oft Angst, und diese sei durch Fakten belegt. Deshalb brauche es stärkeren gesetzlichen Schutz. Trotzdem setzte sich die Skepsis durch – die Initiative ist damit vom Tisch.