In einem bedeutenden Urteil wurden die Pharmaunternehmen McKesson und Cencora (ehemals AmerisourceBergen) dazu verurteilt, der Stadt Baltimore insgesamt 266 Millionen Dollar zu zahlen. Ein Gericht stellte fest, dass die Unternehmen durch ihre Versäumnisse zur Ausbreitung der Opioid-Krise beigetragen haben, die jährlich Zehntausende von Todesopfern fordert.
McKesson, ein Gesundheitskonzern mit Sitz in Texas, muss 192 Millionen Dollar zahlen, während Cencora, ein Arzneimittelgroßhändler aus Pennsylvania, mit 74 Millionen Dollar verurteilt wurde. Baltimore wirft den Firmen vor, verdächtige Bestellungen von Schmerzmitteln wie Oxycodon und Hydrocodon nicht den zuständigen Behörden gemeldet zu haben, was zur Flut von Opioiden in der Stadt und zur Verschärfung der Krise beigetragen hat.
Bürgermeister Brandon Scott begrüßte das Urteil als wichtigen Schritt im Kampf gegen die Opioid-Epidemie und betonte die verheerenden Auswirkungen auf die Stadt: „In Baltimore hat diese Krise jede Familie und jede Nachbarschaft betroffen. Der heutige Schritt ist ein wichtiger Beitrag, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und der Stadt zu helfen, sich zu erholen.“
Das Urteil im Detail
Das Urteil geht auf eine Klage von Baltimore zurück, die 2018 eingereicht wurde. In der Klage wurde den beiden Unternehmen vorgeworfen, ihre gesetzliche Pflicht zur Meldung verdächtiger Bestellungen von verschreibungspflichtigen Medikamenten verletzt zu haben. Diese Pflicht soll verhindern, dass gefährliche Mengen an Opioiden in die Gemeinden gelangen. McKesson und Cencora hätten es versäumt, diese Bestellungen zu melden, was zur massenhaften Verbreitung von Opioiden beigetragen habe.
Bill Carmody, der leitende Anwalt von Baltimore, bezeichnete das Urteil als bedeutenden Erfolg und erklärte: „Keine andere Stadt ist so schwer von der Opioid-Epidemie betroffen wie Baltimore. Dieses Urteil ist ein wichtiger Schritt, um der Stadt zu helfen, sich zu erholen und wieder zu einem Ort zu werden, an dem alle Bürger gesund leben können.“
Bedeutung des Urteils für Baltimore
Baltimore hatte sich entschieden, eine eigene Klage gegen die Pharmaunternehmen einzureichen, anstatt sich dem nationalen Vergleich anzuschließen. Dies erwies sich als erfolgreich, da die Stadt bisher mehr als 400 Millionen Dollar an Vergleichszahlungen von anderen Unternehmen wie CVS, Walgreens, Johnson & Johnson und Teva erhalten hat.
Die Klage von Baltimore beschuldigte McKesson und Cencora sowie Cardinal Health, verdächtige Bestellungen nicht gemeldet zu haben. Diese Versäumnisse führten zu „gefährlich hohen Mengen an Opioiden“, die in die Stadt und andere Gemeinschaften strömten.
McKesson hatte bereits in einem früheren Vergleich mit dem US-amerikanischen Justizministerium im Jahr 2017 zugegeben, dass es in der Vergangenheit versäumt hatte, verdächtige Bestellungen zu melden. In diesem Fall wurde das Unternehmen zu einer Zahlung von 150 Millionen Dollar und der Aussetzung des Verkaufs von kontrollierten Substanzen in mehreren Bundesstaaten verpflichtet.
Reaktionen der Unternehmen und Berufung
Nach dem Urteil erklärten sowohl McKesson als auch Cencora, dass sie das Urteil anfechten wollen. Mike Iorfino, ein Sprecher von Cencora, äußerte sich enttäuscht über die Entscheidung und betonte, dass das Unternehmen der Meinung sei, das Urteil widerspiegele nicht die tatsächlichen Fakten des Falles. McKesson erklärte, das Urteil missverstehe die Rolle des Unternehmens als Arzneimittelgroßhändler, und kündigte an, gegen das Urteil vorzugehen.
Auswirkungen auf die Stadt Baltimore
Das Urteil hat für Baltimore eine bedeutende finanzielle Auswirkung. Mit insgesamt 668 Millionen Dollar, die durch verschiedene Klagen und Vergleiche erzielt wurden, will die Stadt in Programme zur Bekämpfung der Opioid-Krise investieren. Dazu gehören Maßnahmen zur Prävention, Behandlung und Rückfallhilfe. Der Bürgermeister bezeichnete die Summe als „bahnbrechend“, um die weitreichenden Auswirkungen der Opioid-Epidemie anzugehen.
Baltimore gehört zu den am stärksten betroffenen Städten in den USA. Obwohl die Stadt nur 9 % der Bevölkerung von Maryland ausmacht, zählt sie 44 % der Überdosis-Todesfälle des Bundesstaates. Täglich sterben in der Stadt im Durchschnitt mehr als zwei Menschen an einer Opioid-Überdosis. Eine Studie zeigte, dass etwa 80 % der Opioidabhängigkeit in der Stadt auf den Missbrauch von verschreibungspflichtigen Opioiden zurückzuführen sind.
Das Urteil stellt einen wichtigen Schritt dar, um die pharmazeutische Industrie für ihre Rolle in der Opioid-Krise zur Rechenschaft zu ziehen und gleichzeitig den betroffenen Gemeinden die dringend benötigten Mittel zur Verfügung zu stellen.