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Einfluss der CO₂-Abscheidungs-Lobby auf Cop29: Zukunftsstrategie oder Ablenkung?

by Jonas Bärtschi
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Der Klimagipfel Cop29 in Baku, Aserbaidschan, wird von hitzigen Debatten über die Rolle der CO₂-Abscheidung und -Speicherung (CCS) dominiert. Mit fast 500 Lobbyisten, die diese Technologie vertreten, wächst der Einfluss der CCS-Industrie – und damit auch die Kritik von Umweltorganisationen. Beobachter befürchten, dass die Konferenz eine einseitige Ausrichtung auf fossile Lösungen begünstigt, während erneuerbare Energien in den Hintergrund geraten könnten.

Die Chancen der CCS-Technologie

Befürworter sehen in der CO₂-Abscheidung eine unverzichtbare Lösung für schwer zu dekarbonisierende Industrien wie Zement, Stahl und Chemie. Die Technologie ermöglicht es, CO₂-Emissionen aus Produktionsprozessen abzufangen und in unterirdischen Lagerstätten zu speichern. Dadurch soll die Belastung der Atmosphäre verringert werden.

Olivia Powis, Geschäftsführerin der Carbon Capture & Storage Association, unterstreicht die Bedeutung von CCS für die Erreichung der Pariser Klimaziele. Sie betrachtet die Technologie als Ergänzung zu erneuerbaren Energien und als Schlüssel zur Dekarbonisierung von Industrien, für die bislang keine emissionsfreien Alternativen existieren.

Kritik: CCS als „falsche Lösung“

Trotz der potenziellen Vorteile wird CCS von Umweltorganisationen scharf kritisiert. Viele Projekte haben in der Vergangenheit nicht die gewünschten Ergebnisse geliefert. Zudem wird CO₂ häufig zur „Enhanced Oil Recovery“ eingesetzt, einer Methode, bei der das abgeschiedene CO₂ genutzt wird, um zusätzliche Ölreserven aus erschöpften Lagerstätten zu fördern.

Rachel Kennerley vom Center for International Environmental Law (CIEL) bezeichnet CCS als „Greenwashing“. Sie argumentiert, dass der Fokus auf diese Technologie wertvolle Ressourcen verschlinge und den Übergang zu erneuerbaren Energien verzögere. Außerdem warnt sie vor Sicherheitsrisiken, die mit groß angelegten CCS-Projekten einhergehen könnten.

Lobbyismus und die Gestaltung der Klimapolitik

Der starke Einfluss der CCS-Lobby auf Cop29 wirft Fragen zu ihrer Rolle in der globalen Klimapolitik auf. Besonders im Fokus stehen Verhandlungen über die Regeln für Kohlenstoffmärkte im Rahmen des Pariser Abkommens. Diese könnten CO₂-Abscheidungsprojekte als Grundlage für Emissionsgutschriften zulassen, was Kritikern zufolge die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verstärken könnte.

Eine Analyse von CIEL zeigt, dass viele CCS-Lobbyisten enge Verbindungen zur fossilen Brennstoffindustrie haben. Aktivisten warnen, dass dies die Prioritäten der Klimapolitik zugunsten fossiler Technologien verschieben könnte – auf Kosten bewährter Lösungen wie dem Ausbau erneuerbarer Energien.

Weichenstellung für die globale Klimapolitik

Die Diskussionen bei Cop29 verdeutlichen einen grundlegenden Konflikt in der Klimapolitik: Soll die Welt verstärkt auf neue Technologien wie CCS setzen, oder sollte der Fokus auf dem Ausbau erneuerbarer Energien liegen? Während Befürworter CCS als wichtigen Baustein für eine emissionsfreie Zukunft betrachten, sehen Kritiker darin eine Verzögerung der dringend notwendigen Abkehr von fossilen Brennstoffen.

Die Entscheidungen, die in Baku getroffen werden, könnten die globale Klimapolitik für Jahre prägen. Wird CCS als unverzichtbare Technologie akzeptiert, oder setzen die Verhandlungsparteien auf bewährte Ansätze zur Reduktion von Treibhausgasen?


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