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Der englische Wein, der mit Champagner konkurriert

by Michael Blaser
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Dank des Klimawandels können englische Winzer jetzt Trauben anbauen, die traditionell mit Champagner verbunden sind, und erstklassige Schaumweine produzieren.


Champagner: Der Klassiker der Feierlichkeiten

Seit mehr als 300 Jahren gilt Champagner als das Getränk der Feste. Er wird bei Hochzeiten getrunken, von Rennfahrern versprüht und sogar von Marilyn Monroe als Badezusatz genutzt. Seit der Benediktinermönch Dom Pérignon 1668 im französischen Gebiet Champagne den ersten „Sprudel“ herstellte, blieb Champagner unübertroffen auf dem Markt für Schaumweine, trotz zahlreicher Konkurrenz.

Doch ein neuer Mitbewerber aus Südengland betritt die Bühne. Der Klimawandel sorgt dafür, dass das einst kalte und regnerische Großbritannien nun wärmer und sonniger wird. Südengland weist mittlerweile ein Klima auf, das dem der Champagne vor 50 Jahren ähnelt.

Laut Sam Linter, Leiter der Weinproduktion am Plumpton Agricultural College, ermöglicht dieser Klimawandel den englischen Winzern, klassische Champagnertrauben wie Pinot Noir, Pinot Meunier und Chardonnay anzubauen. „Englische Schaumweine zeigen heute Charakteristika, die an traditionellen Champagner erinnern.“

Chris Boiling, Redakteur des Online-Magazins Canopy der International Wine Challenge, ergänzt: „Eine neue Generation talentierter Winzer erzeugt Weine mit einzigartiger Identität. Englischer Schaumwein zeichnet sich durch fruchtige, elegante und toasty Noten aus.“


Weinbau verändert die Landschaft und schafft Chancen

Vor 30 Jahren unterrichtete Plumpton hauptsächlich Ackerbau und Viehzucht. Heute stehen Weinbau, Önologie und Weinherstellung im Fokus. Land, das einst Schafen und Obstgärten gehörte, ist nun von Weinreben bedeckt. „Der englische Weinbau hat die traditionelle Landwirtschaft verändert und wirtschaftliche Möglichkeiten geschaffen, insbesondere in Gastgewerbe und Tourismus“, so Linter.

Beispielhaft ist das 2010 gegründete Rathfinny Vineyard in Sussex, das auf 600 Hektar jährlich 300.000 bis 400.000 Flaschen produziert und in die USA, Japan und Norwegen exportiert. Einst ein Bauernhof mit zwei Angestellten, beschäftigt das Weingut heute 90 Mitarbeiter.

Sarah Driver, Mitinhaberin von Rathfinny, beschreibt: „Unsere nach Süden ausgerichteten Weinberge werden von einer Meeresbrise geschützt. Diese hält die Trauben sauber und verleiht dem Wein eine leichte Salznote.“ Der kalkhaltige Boden, identisch mit dem der Champagne, fördert die Reben zusätzlich. Die Umgebung, geprägt von Kreideklippen und historischen Stätten, zieht Touristen und Künstler gleichermaßen an.

Renaissance des englischen Weinbaus

Die Römer brachten vor 2.000 Jahren den Weinbau nach Großbritannien, doch im Mittelalter ging er zurück. Erst in den 1970er Jahren begann eine Renaissance. Pionierbetriebe wie das Bolney Wine Estate zeigten, dass es möglich ist, außergewöhnliche Weine in England zu produzieren. Heute gibt es fast 1.000 Weinberge in England und Wales, allein 500 in Sussex.

Winzer wie Charles und Wendy Outhwaite vom Redfold Vineyard erhalten internationale Anerkennung. Ihre Weine, wie der Ambriel Classic Cuvée, wurden mehrfach ausgezeichnet. Auch renommierte französische Champagnerhäuser wie Pommery und Taittinger investieren in südenglische Weinberge.


Englischer Schaumwein auf Erfolgskurs

Englische Weine, darunter die von Bolney, Ridgeview, Nyetimber und Rathfinny, gewinnen regelmäßig Preise und konkurrieren in Blindverkostungen erfolgreich mit Champagner. Sarah Driver von Rathfinny hofft: „Eines Tages werden die Menschen mit einem Glas Sussex statt Champagner anstoßen.“

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