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EU-Parlament beschließt hohe Zölle auf Dünger aus Russland und Belarus

by Jonas Bärtschi
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Maßnahme soll Abhängigkeit verringern und Kriegsfinanzierung stoppen

BRÜSSEL – Das Europäische Parlament hat für die Einführung drastischer Zölle auf Dünger- und Agrarimporte aus Russland und Belarus gestimmt. Ziel ist es, die Abhängigkeit der EU von diesen Produkten zu senken und gleichzeitig die finanziellen Mittel für Russlands Krieg gegen die Ukraine einzuschränken.

Die neuen Zölle treten am 1. Juli in Kraft. Sie betreffen vor allem stickstoffbasierte Dünger. Die Einfuhrabgaben sollen von derzeit 6,5 % auf bis zu 100 % steigen – verteilt über drei Jahre. Dadurch dürften die meisten Importe, die aktuell ein Volumen von rund 1,3 Milliarden Euro jährlich erreichen, zum Erliegen kommen.

Auch Agrarprodukte wie Fleisch, Milch, Obst und Gemüse aus Russland und Belarus werden künftig mit Zusatzabgaben belegt. Das betrifft ein Handelsvolumen von etwa 380 Millionen Euro pro Jahr.


Zwischen ethischem Signal und strategischer Absicherung

Neben wirtschaftlichen Zielen geht es auch um moralische Verantwortung. Russland erhebt selbst eine Ausfuhrsteuer von 23,5 % auf wichtige Düngemittel. Diese Einnahmen fließen direkt in den Staatshaushalt und unterstützen die Kriegsführung.

Die lettische Europaabgeordnete Inese Vaidere, zuständige Berichterstatterin, erklärte: „Wir dürfen Russlands Angriffskrieg nicht länger mit unserem Geld mitfinanzieren. Jeder Euro für russischen Dünger stärkt das Regime in Moskau.“

Gleichzeitig warnte sie vor einer zu starken Abhängigkeit, die Europas Landwirtschaft bei Lieferunterbrechungen gefährden könnte.


Industrie begrüßt Entscheidung – Bauern schlagen Alarm

Die europäische Düngemittelbranche zeigte sich zufrieden mit dem Beschluss. Sie sieht darin einen wichtigen Schritt zur Stärkung der Versorgungssicherheit und zur Reduzierung externer Abhängigkeiten.

Leo Alders, Präsident von FertilizersEurope, forderte eine schnelle Umsetzung: „Je eher die Maßnahmen greifen, desto besser können wir Arbeitsplätze, Lebensmittelproduktion und unsere wirtschaftliche Stabilität schützen.“

Landwirte hingegen blicken mit Sorge auf die Preisentwicklung. Sie befürchten deutlich höhere Kosten – vor allem beim Düngemitteleinkauf.

Cédric Benoist vom französischen Bauernverband FNSEA sagte: „Die Preise steigen bereits jetzt spürbar. Vor fünf Jahren kostete Flüssigdünger noch 160 Euro pro Tonne. Heute sind es schon 300 Euro – Tendenz steigend.“


Markt reagiert schon vor Inkrafttreten

Benoist wies zudem darauf hin, dass viele Hersteller ihre Lagerbestände zurückhalten. Sie warten ab, bis die Zölle greifen – das verknappt das Angebot und treibt die Preise zusätzlich in die Höhe.


Spagat zwischen politischem Druck und Versorgungssicherheit

Die EU will mit den Zöllen ein klares Signal setzen und sich strategisch unabhängiger aufstellen. Doch die kurzfristigen Folgen könnten die Landwirtschaft belasten. Nun gilt es, geopolitische Interessen und wirtschaftliche Realität in Einklang zu bringen.

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