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Forscher verwenden lebendes menschliches Hirngewebe im Kampf gegen Alzheimer

by Nadine Koller
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Neue Methode zeigt Krankheitsprozesse in Echtzeit

Wissenschaftler haben zum ersten Mal lebendes menschliches Gehirngewebe genutzt, um die frühen Stadien von Alzheimer nachzuahmen. Das Team aus Edinburgh konnte dabei live beobachten, wie toxisches Amyloid-Beta-Protein die Verbindungen zwischen Nervenzellen schädigt. Dieses Protein stammt von verstorbenen Alzheimer-Patienten. Die Forschung soll die Suche nach wirksamen Medikamenten deutlich beschleunigen.

Alzheimer ist die häufigste Form von Demenz und stellt weltweit eine wachsende Belastung für Gesundheitssysteme dar. Bis 2050 könnte die Zahl der Betroffenen auf 153 Millionen steigen. Die neue Methode gilt daher als wichtiger Schritt im Kampf gegen diese globale Herausforderung.

Lebende Hirnschnitte zeigen Krankheitsverlauf

Bei Routineoperationen entnahmen Neurochirurgen winzige Gewebeteile aus dem Gehirn von Krebspatienten. Diese gesunden Stücke wären sonst entsorgt worden. Im Operationssaal warteten Wissenschaftler in OP-Kleidung, um die Proben direkt entgegenzunehmen. Anschließend transportierten sie das Gewebe in mit künstlicher Rückenmarksflüssigkeit gefüllten Glasflaschen per Taxi ins nahegelegene Labor.

Dort schnitten die Forscher das Gewebe in dünne Scheiben, legten es in nährstoffreiche Flüssigkeit und hielten es in einem Inkubator bei Körpertemperatur. Die lebenden Gewebestücke blieben bis zu zwei Wochen lang vital. Das ermöglichte direkte Experimente mit toxischem Amyloid-Beta. Im Gegensatz zur normalen Form des Proteins zeigte das Gehirngewebe keine Reparaturmechanismen. Bereits kleinste Mengen des Proteins störten das empfindliche Gleichgewicht der Gehirnzellen.

Laut Studienleiterin Dr. Claire Durrant deutet dies darauf hin, dass das Gehirn nur innerhalb eines engen Bereichs auf Amyloid-Beta richtig reagiert. Die Methode bietet damit neue Chancen, um den genauen Krankheitsmechanismus zu verstehen und Medikamente direkt am menschlichen Gehirngewebe zu testen.

Wegweisende Forschung mit lebendem Gewebe

Ein weiterer Befund der Studie betrifft das Protein Tau, das ebenfalls eng mit Alzheimer in Verbindung steht. In Hirnschnitten aus dem Temporallappen, der in frühen Krankheitsstadien betroffen ist, fanden die Forscher höhere Tau-Werte. Das könnte erklären, warum dieser Hirnbereich besonders anfällig ist – die erhöhte Tau-Freisetzung könnte die Ausbreitung der Krankheit beschleunigen.

Die Forschung wurde von der Stiftung Race Against Dementia sowie mit einer Spende von einer Million Pfund durch die James Dyson Foundation unterstützt. James Dyson bezeichnete die Methode als „bahnbrechend“, da sie eine Untersuchung echter menschlicher Gehirnzellen erlaubt – im Gegensatz zu früheren Versuchen mit Tieren.

Auch Prof. Tara Spires-Jones vom UK Dementia Research Institute lobte die Arbeit als wichtigen Fortschritt. Die Möglichkeit, Alzheimer in lebendem menschlichem Gewebe in Echtzeit zu analysieren, eröffne neue Wege für die Medikamentenentwicklung. Laut ihr wird die Methode es künftig ermöglichen, potenzielle Therapien direkt am menschlichen Gehirn auf ihre Wirksamkeit zu testen.

Dr. Durrant betonte, dass die Zusammenarbeit mit Chirurgen und Patienten, die ihr Gewebe freiwillig zur Verfügung stellen, ein zentrales Element des Erfolgs sei. Die neue Technik könne helfen, die Forschung vom Labor schneller in die klinische Anwendung zu bringen – und der Welt damit einen Schritt näher zu einer Zukunft ohne Alzheimer bringen.

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