Berichten zufolge hat Großbritannien Apple angewiesen, eine Hintertür für verschlüsselte Daten zu schaffen. Dies könnte das Unternehmen, das sich stets als Verfechter der Privatsphäre positioniert hat, zwingen, globalen Zugriff auf Nutzerdaten zu ermöglichen. Nutzer von iPhone, iPad und Mac fragen sich, welche Auswirkungen das für sie hat.
Großbritannien fordert umfassenden Zugriff auf verschlüsselte Daten
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Regierungen von Technologieunternehmen spezifische Nutzerdaten zur Unterstützung von Strafverfahren anfordern. Ein kürzlich erteilter, nicht öffentlicher britischer Befehl geht jedoch weiter: Apple soll der britischen Regierung pauschalen Zugriff auf verschlüsselte Inhalte in der Cloud gewähren. Dies berichtete die Washington Post unter Berufung auf anonyme Quellen.
Zu den betroffenen Daten gehören Nachrichten, Fotos und Notizen, die normalerweise nur die Nutzer selbst entsperren können. Die Forderung betrifft auch Daten aus den USA und anderen Ländern. Ein solcher weitreichender Zugriff ist in großen Demokratien beispiellos.
Apple und andere Technologieunternehmen streiten seit Jahren mit Regierungen über den Schutz der Nutzerdaten. Es ist unklar, wie weitreichend der britische Zugriff ist und wie andere Länder reagieren werden. Experten wie Matthew Green von der Johns Hopkins University warnen jedoch, dass britischer Zugriff auch andere Nationen ermutigen könnte.
„Das könnte für Apple und alle in den USA schwierig werden“, so Green. „Wenn wir unseren Geräten nicht mehr trauen können, sind alle betroffen.“
Amerikanische Daten in Gefahr?
Apple hat sich stets als Hüter der Nutzerdaten präsentiert. 2016 wehrte sich das Unternehmen erfolgreich gegen die US-Regierung, als diese den Zugriff auf das verschlüsselte iPhone eines Schützen verlangte. Laut der Washington Post könnte Apple die britische Anordnung anfechten, müsste jedoch während des Verfahrens kooperieren. Quellen vermuten, dass Apple die verschlüsselte Speicherung in Großbritannien einstellen wird.
John Villasenor, Experte an der University of California, warnt vor schwerwiegenden Folgen: „Die Bequemlichkeit der Cloud-Speicherung könnte zu erheblichen Verlusten an Datenkontrolle führen.“
Bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass Großbritannien bereits auf verschlüsselte Daten zugreifen konnte. Andrew Crocker von der Electronic Frontier Foundation forderte Apple auf, Widerstand zu leisten.
Risiken der Nachahmung durch andere Länder
Villasenor bezeichnet die britische Anordnung als „gefährlichen Präzedenzfall“, der andere Länder dazu verleiten könnte, ähnliche Forderungen zu stellen. Besonders besorgt äußerte er sich über China, eines der wichtigsten Länder für Apple-Geschäfte.
„Zwischen China und den USA gibt es viele komplizierte Spannungen in Sachen Spionage und Hacking“, sagte Green und verwies auf die kürzlich aufgedeckte chinesische Spionagekampagne „Salt Typhoon“. Diese infiltrierte US-Telekommunikationsfirmen und gefährdete Daten von Regierungsbeamten, Soldaten und Zivilisten.
Green betonte: „Früher habe ich gesagt, der Durchschnittsbürger sei kein Ziel. Aber die Realität zeigt, dass viele Menschen betroffen sind.“
Regierungsbehörden argumentieren, dass ein besserer Zugang zu Nutzerdaten die öffentliche Sicherheit erhöht. David Shapiro, ehemaliger FBI-Agent, hält es für gerechtfertigt, die Privatsphäre bei extern gespeicherten Daten einzuschränken: „Diese Daten befinden sich nicht auf Ihrem Eigentum, sondern auf einem fremden Server.“
Doch Experten wie Crocker warnen, dass Hintertüren zu mehr Cyberkriminalität führen könnten: „Es gibt keine magische Lösung, die nur gute Leute den Zugriff erlaubt. Sobald es eine Hintertür gibt, fordern auch andere Länder, darunter solche, denen wir nicht trauen, Zugang.“
Laut der Washington Post wurde die britische Anordnung durch das britische Gesetz „Investigatory Powers Act“ von 2016 ermöglicht. In den USA existiere kein vergleichbares Gesetz, betonte Crocker.
Sollten Sie den erweiterten Datenschutz auf Ihrem iPhone aktivieren?
Die britische Anordnung zielt darauf ab, Apples „Erweiterter Datenschutz“ zu umgehen. Dieser wurde 2022 eingeführt und ermöglicht eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Cloud-Daten, auf die selbst Apple keinen Zugriff hat.
Matthew Green empfiehlt die Aktivierung des Dienstes: „Ich bin ein Fan davon. Man muss zwar vorsichtig sein, da man ohne Passwort keinen Zugriff mehr auf die Daten erhält. Aber wer wertvolle Daten auf seinem Gerät hat, sollte sich die zusätzliche Sicherheit nicht entgehen lassen.“