Bei der COP29 in Baku, Aserbaidschan, haben führende Klimawissenschaftler und Staatschefs gewarnt, dass die globale Temperaturgrenze von 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau bald überschritten wird. Prognosen zeigen, dass 2024 diese Schwelle voraussichtlich erstmals überschritten wird, was das Ziel des Pariser Abkommens in unerreichbare Ferne rückt. Gleichzeitig wächst der Druck, Maßnahmen zu ergreifen, um katastrophale Folgen für Mensch und Natur abzumildern.
2024: Das heißeste Jahr aller Zeiten?
Drei der führenden Klimaforschungsinstitute prognostizieren, dass 2024 alle bisherigen Temperaturrekorde übertreffen wird. Diese Entwicklung markiert einen weiteren Meilenstein in der wärmsten Dekade der Menschheitsgeschichte.
Zeke Hausfather, Klimawissenschaftler bei Berkeley Earth, betonte: „Das Ziel, unter 1,5 Grad zu bleiben, ist so gut wie tot. Wir haben zu lange gezögert, während die Emissionen alarmierend weiter steigen.“
Obwohl ein einzelnes Jahr über der Schwelle von 1,5 Grad Celsius noch keinen formalen Bruch des Pariser Abkommens darstellt, warnen Experten, dass dieser Trend schwerwiegende Auswirkungen auf Ökosysteme und die globale Stabilität haben könnte.
Warum die 1,5-Grad-Grenze wichtig bleibt
Die Grenze von 1,5 Grad Celsius wurde im Pariser Abkommen von 2015 festgelegt, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu vermeiden. Ihr Überschreiten gilt als Symbol für das Scheitern globaler Klimapolitik.
„Jedes Zehntelgrad zählt“, erklärte Gavin Schmidt, Klimaforscher bei der NASA. „Je langsamer sich der Planet erwärmt, desto mehr Zeit bleibt Ökosystemen und Gemeinschaften, sich anzupassen.“ Trotz des drohenden Überschreitens der 1,5-Grad-Marke sei es entscheidend, die Erwärmung so weit wie möglich zu begrenzen.
Rekordemissionen untergraben Klimaziele
Trotz zahlreicher internationaler Verpflichtungen und Zusagen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen erreichen die globalen Emissionen 2024 ein Rekordhoch. Selbst bei vollständiger Umsetzung aller derzeitigen Klimapläne wird die Erde auf eine Erwärmung von 2,7 Grad Celsius zusteuern. Diese Temperaturerhöhung hätte dramatische Konsequenzen, darunter:
- Extreme Hitzewellen in bisher gemäßigten Regionen,
- Überflutungen durch steigende Meeresspiegel,
- Nahrungsmittelknappheit durch gestörte landwirtschaftliche Produktion.
UN-Generalsekretär António Guterres kritisierte auf der COP29 die mangelnden Fortschritte: „Wir erleben eine Meisterklasse in Klimazerstörung.“ Er forderte die Weltgemeinschaft zu entschlossenerem Handeln auf, da die derzeitigen Maßnahmen bei Weitem nicht ausreichen.
Rückschritt durch politische Unsicherheit
Die mögliche Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus birgt zusätzliche Risiken. Seine frühere Klimapolitik bremste Maßnahmen gegen den Klimawandel erheblich, und Experten schätzen, dass eine ähnliche Politik die globale Temperatur um weitere 0,04 Grad Celsius erhöhen könnte.
Hoffnung durch erneuerbare Energien
Trotz der alarmierenden Prognosen gibt es auch positive Entwicklungen. Der Ausbau erneuerbarer Energien wächst weltweit, und die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen wie Öl könnte bis spätestens 2030 ihren Höhepunkt erreichen.
„Auch wenn die heutigen Klimapolitiken nicht perfekt sind, stehen wir deutlich besser da als noch vor einem Jahrzehnt“, betonte der belgische Premierminister Alexander De Croo auf der COP29. Er forderte jedoch größere Anstrengungen, um die Transformation zu nachhaltigen Energiesystemen zu beschleunigen.
Kipppunkte: Die unterschätzte Gefahr
Das Überschreiten der 1,5-Grad-Schwelle könnte das Risiko erhöhen, dass irreversible Kipppunkte im Klimasystem erreicht werden. Zu diesen gehören:
- Zusammenbruch polaren Eises,
- Verlust des Amazonas-Regenwaldes,
- Freisetzung von Methan aus schmelzendem Permafrost.
Graeme Madge vom britischen Wetterdienst Met Office warnte: „Diese Kipppunkte sind wie Monster im Dunkeln. Wenn wir sie erreichen, sind die Folgen dramatisch und unumkehrbar.“ Jede weitere Erwärmung verstärke das Risiko solcher Entwicklungen.
Der Weg nach vorne: Handeln bleibt unverzichtbar
Auch wenn das 1,5-Grad-Ziel außer Reichweite ist, bleibt die Reduzierung von Emissionen eine dringende Aufgabe. „Je weiter wir die Erde über die bisherigen Grenzen hinaus belasten, desto unvorhersehbarer und gefährlicher werden die Folgen“, erklärte Hausfather.
Es ist unerlässlich, dass Regierungen, Unternehmen und Einzelpersonen weiterhin Maßnahmen ergreifen, um den Klimawandel zu bekämpfen. Jede heute getroffene Entscheidung beeinflusst die Zukunft des Planeten und könnte dazu beitragen, die schlimmsten Szenarien zu verhindern.