Immer mehr Krebspatient:innen verzichten auf bewährte Therapien wie Operation, Bestrahlung oder Chemotherapie und setzen stattdessen auf dubiose „natürliche Heilmethoden“ aus dem Internet – darunter Kaffeeklistiere, Saftkuren oder Vitamininfusionen. Auf dem weltweit größten Krebskongress in Chicago warnten führende Onkolog:innen vor den fatalen Folgen dieser Entwicklung. Sie sehen eine Zunahme gefährlicher Fehlinformationen über Krebsbehandlungen in sozialen Medien und Onlineforen.
Verlorenes Vertrauen und tragische Folgen
Dr. Fumiko Chino vom MD Anderson Cancer Center stellte fest, dass sich die Verbreitung von Krebsmythen in den letzten zehn Jahren massiv verschärft hat. Viele Menschen sind verunsichert, weil sie glauben, Ärzt:innen widersprächen sich. Rund fünf Prozent der Befragten vertrauen Wissenschaftler:innen grundsätzlich nicht mehr. Diese Lücke nutzen Anbieter zweifelhafter Therapien aus – etwa Kliniken in Mexiko, die „natürliche Heilung“ versprechen. Dr. Julie Gralow, Chefärztin der American Society of Clinical Oncology (Asco), schilderte Fälle, in denen Patient:innen nach gescheiterten Alternativtherapien viel zu spät zur medizinischen Behandlung zurückkehrten – oder gar nicht mehr zurückkehrten.
Falschinformationen im Alltag
Die ehemalige Brustchirurgin Liz O’Riordan, selbst an Brustkrebs erkrankt, erlebt täglich die Auswirkungen: Über soziale Medien erhält sie unzählige Anfragen zu vermeintlichen Risiken durch Milchprodukte, Deos oder BHs sowie zu Wunderkuren mit Pilzen oder CBD. Sie fordert mehr digitale Aufklärung durch Ärzt:innen – auch wenn es schwer sei, gegen reißerische Inhalte anzukommen, die schnelle Heilung versprechen.
Appell an Patient:innen
Dr. Richard Simcock von Macmillan Cancer Support nannte es „zutiefst traurig“, wenn Menschen sich gegen medizinische Hilfe entscheiden – nicht aus freiem Willen, sondern auf Basis von Fehlinformationen. Auch NHS-Medizindirektor Prof. Stephen Powis warnt: „Social Media kann helfen, aber ebenso schaden. Prüfen Sie jede Information sorgfältig – und vertrauen Sie seriösen Quellen wie Ihrer Ärztin, Ihrem Arzt oder der offiziellen NHS-Website.“
Die Botschaft der Fachleute ist eindeutig: Nur wissenschaftlich fundierte Therapien können Leben retten – und falsche Versprechen kosten sie.