Home » Pilotenmangel legt Europas Flugpläne lahm – Steht uns ein chaotischer Reisesommer bevor?

Pilotenmangel legt Europas Flugpläne lahm – Steht uns ein chaotischer Reisesommer bevor?

by Nadine Koller
0 comments

Swiss streicht über 1.400 Flüge – Engpässe bei der Cockpit-Crew

Die Schweizer Fluggesellschaft Swiss hat angekündigt, rund 1.400 Flüge zwischen jetzt und Oktober zu streichen. Grund ist ein akuter Mangel an Piloten. Besonders betroffen sind Kurzstreckenverbindungen ab Zürich und Genf innerhalb Europas, aber auch einige Langstreckenflüge – etwa nach Shanghai oder Chicago – werden seltener angeboten. Die Sommerroute nach Hurghada (Ägypten) wurde komplett aus dem Programm genommen.

Swiss versucht mit kurzfristigen Maßnahmen gegenzusteuern: Dazu gehören freiwillige Aufschiebungen von Ruheständen, Rückkäufe von Urlaubstagen und der Aufruf an Teilzeitpiloten, ihre Einsatzzeiten zu erhöhen. Außerdem arbeitet Swiss mit der Pilotengewerkschaft Aeropers an flexibleren Dienstplänen und der Reduzierung krankheitsbedingter Ausfälle. Trotz dieser Schritte fehlen der Airline weiterhin rund 70 Vollzeitpiloten. Betroffene Passagiere sollen frühzeitig informiert und auf Flüge mit Swiss, der Lufthansa-Gruppe, anderen Star-Alliance-Airlines oder – im Notfall – auf alternative Anbieter umgebucht werden. Auch Rückerstattungen sind möglich.

Europäische Airlines unter Druck – Swiss ist kein Einzelfall

Der Engpass bei Piloten betrifft nicht nur die Schweiz. Zahlreiche europäische Fluggesellschaften kürzen ihre Sommerflugpläne oder erstellen Notfallkonzepte. KLM etwa berichtet von Problemen bei der Besetzung von Langstreckenflügen – trotz einer Rekordanzahl an Piloten. Durch den Anstieg von Teilzeitarbeit und Krankenständen verliere man jährlich rund 50 Vollzeitkräfte, so das Unternehmen. Air France springt deshalb zeitweise ein und übernimmt Strecken wie Amsterdam–New York im Zeitraum von Juli bis Oktober.

Auch in Großbritannien wird kräftig rekrutiert: British Airways und easyJet überbieten sich mit Boni und Anreizen, um ehemalige Piloten zurückzugewinnen oder Personal von Mitbewerbern abzuwerben. BA bietet sogar an, die Kosten für die Pilotenausbildung – bis zu 100.000 Euro – für bis zu 60 Bewerber pro Jahr komplett zu übernehmen. Dennoch musste die Airline mehrere Sommerverbindungen von London nach Griechenland und Kroatien streichen.

Warum fehlen so viele Piloten?

Die Pandemie hat das Problem verschärft: Pilotenausbildungen wurden ausgesetzt, viele gingen frühzeitig in den Ruhestand – die Branche hinkt beim Wiederaufbau hinterher. In den USA rechnet die Luftfahrtbehörde FAA mit jährlich etwa 4.300 Pilotenaustritten bis 2042 – Europa steht vor einem ähnlichen Szenario.

Ein weiteres Problem ist die Ausbildungskapazität. Boeing geht davon aus, dass in den nächsten 20 Jahren weltweit 674.000 neue Piloten benötigt werden. Die Beratungsfirma Oliver Wyman erwartet bis 2032 eine globale Lücke von bis zu 80.000 Piloten – allein in Europa könnten es bis zu 19.000 sein. Einige Airlines lockern bereits Sprach- oder Staatsbürgerschaftsanforderungen, um mehr Bewerber anzusprechen.

Was bedeutet das für Reisende im Sommer?

Wer diesen Sommer innerhalb Europas fliegt, sollte mit Ausfällen, längeren Umsteigezeiten und weniger Direktverbindungen rechnen. Besonders Kurzstrecken mit Anschlussflügen gelten als anfällig. Expert*innen raten, frühzeitig zu buchen, regelmäßig Flugbenachrichtigungen zu prüfen und ausreichend Zeit für Umstiege einzuplanen.

Zwar bieten viele Airlines Umbuchungen oder Rückerstattungen an, doch wer schnell reagiert, sichert sich die besten Alternativen. Der Pilotenmangel könnte nicht nur den Sommerflugplan 2025 beeinträchtigen – er ist womöglich ein Vorgeschmack auf langfristige Veränderungen im europäischen Luftverkehr.

You may also like

Feature Posts

Recent Post

Newsletter