Die Regierung möchte klären, ob der Nutzen von Pubertätsblockern die Risiken überwiegt. Ein Medikamententest könnte Antworten liefern.
Die ethische Herausforderung
Die Debatte über Pubertätsblocker ist eines der komplexesten Themen der modernen Medizin. Im Juni 2023 schlug NHS England vor, diese Medikamente nur im Rahmen von klinischen Studien zu verschreiben.
Der britische Gesundheitsminister Wes Streeting will nun eine Studie einrichten. Die Finanzierung durch das National Institute for Health and Care Research wird bald erwartet.
Ein großer Streitpunkt bleibt jedoch die Durchführung dieser Studie. Viele Experten fragen sich: Sollte man solche Studien bei Kindern und Jugendlichen überhaupt durchführen?
Anstieg der Überweisungen
Die Klinik Gender and Identity Development Service (GIDS) wurde 1989 in London gegründet. Ursprünglich war sie die einzige spezialisierte Klinik für Kinder mit Geschlechtsdysphorie in England.
In den letzten zehn Jahren stieg die Zahl der Überweisungen stark an. Die meisten davon betrafen Personen, die bei Geburt als weiblich registriert wurden.
Die ursprüngliche Behandlung basierte auf psychologischer und sozialer Unterstützung. Später wurden Hormone wie Pubertätsblocker verschrieben, um Pubertätsveränderungen zu stoppen.
Diese Medikamente hemmen die Produktion von Sexualhormonen wie Östrogen und Testosteron. NHS England stellte im März 2024 die routinemäßige Verschreibung für unter 18-Jährige ein.
Der Grund war das Fehlen ausreichender Evidenz zur Wirksamkeit und Sicherheit von Pubertätsblockern.
Studien und ethische Fragen
Viele Experten sehen ethische Fragen bei der Durchführung von Medikamententests an Kindern. Die Organisation WPATH warnt vor möglichen Problemen.
Einige Ärzte glauben, dass Pubertätsblocker keinen nachweisbaren Nutzen für die psychische Gesundheit haben. Gleichzeitig existieren Hinweise auf Nebenwirkungen wie negative Auswirkungen auf Knochen und Gehirnentwicklung.
Professor Gordon Guyatt von der McMaster University in Kanada argumentiert hingegen, dass Studien notwendig sind. Fehlt Evidenz, könnten Spekulationen und Meinungen die Debatte weiter polarisieren.
Die bisherige Forschung sei schwach und unklar, was Langzeitfolgen angehe. Viele Studien beziehen unterschiedliche Behandlungen und psychische Begleitung mit ein, was eine genaue Analyse erschwert.
Optionen für die Studiengestaltung
Die Studie könnte 2025 starten, verzögert im Vergleich zu früheren Erwartungen. Ein Plan zur Teilnahme und Gruppeneinteilung steht noch aus.
Eine Möglichkeit wäre ein randomisierter Vergleich: Eine Gruppe nimmt Pubertätsblocker, die andere ein Placebo. Ein weiteres Konzept sieht vor, einen Teil der Gruppe erst später mit Medikamenten zu behandeln.
Andere Optionen beinhalten eine psychologische Begleitung als zusätzliche Intervention. Ein weiteres Konzept wäre ein Vergleich zwischen Gruppen, die unterschiedliche Zeitpunkte für die Behandlung wählen.
Die Studien müssen auch Faktoren wie psychische Belastungen und vorliegende Vorerkrankungen ausgleichen, um Verzerrungen zu vermeiden.
Was Eltern denken
Viele Eltern sehen der Studie mit Sorge entgegen. Annabel, die anonym bleiben möchte, gehört zu einer Gruppe von Eltern, die sich skeptisch äußern.
Sie hatte sich mit dem Thema beschäftigt, als ihre Tochter in ihrer Jugend Geschlechtsfragen erkundete. Die Tochter entschied sich gegen Pubertätsblocker.
Annabel sagt: „Es ist unklar, ob die Studie am Ende die Antworten liefert, die wir brauchen, oder nur schwache Ergebnisse zeigt.”
Eine Umfrage unter Eltern nach dem Verschreibungsverbot von Pubertätsblockern ergab viele Bedenken. Natacha Kennedy von der Universität Goldsmiths hebt hervor:
„Viele Eltern wären nicht bereit, ihrer Tochter oder ihrem Sohn ein Placebo anzubieten, wenn sie Hilfe suchen.”
Einige Eltern würden möglicherweise andere Wege finden, um Zugang zu Pubertätsblockern zu erhalten.
Die ethische Frage bleibt: Wird die Studie Antworten liefern oder Ängste verstärken?
Die Debatte um Pubertätsblocker wird die nächsten Jahre prägen. Die Ergebnisse könnten Einfluss auf medizinische Richtlinien und die Behandlung von Jugendlichen haben. Die lange Wartezeit auf fundierte Langzeitdaten bleibt eine Herausforderung.