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Sollten Allgemeinmediziner KI zur Unterstützung einsetzen?

by Silke Mayr
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Die Frage, ob KI bei Konsultationen und administrativen Aufgaben in der Allgemeinmedizin helfen sollte, wird zunehmend diskutiert. In Großbritannien ist die Schwierigkeit, einen Termin beim Hausarzt zu bekommen, ein bekanntes Problem.

Selbst wenn ein Termin vereinbart wird, bedeutet die steigende Arbeitsbelastung oft kürzere Konsultationen, als es sich sowohl Patienten als auch Ärzte wünschen würden.

Dr. Deepali Misra-Sharp, Allgemeinärztin und Partnerin in einer Praxis in Birmingham, hat durch den Einsatz von KI einen Teil ihrer Verwaltungsarbeit reduziert und kann sich nun stärker auf ihre Patienten konzentrieren.

Vor etwa vier Monaten begann Dr. Misra-Sharp mit der Nutzung von Heidi Health, einem kostenlosen, KI-unterstützten medizinischen Transkriptionstool, das Gespräche aufzeichnet und transkribiert. „Normalerweise mache ich während der Konsultation Notizen, was von der Interaktion ablenkt“, erklärt sie. „Jetzt kann ich meinen Patienten die volle Aufmerksamkeit schenken. Das verbessert die Qualität der Gespräche.“

Die Technologie spart ihr „zwei bis drei Minuten pro Konsultation, manchmal sogar mehr“, ergänzt sie. Zudem verringere sie das Risiko von Fehlern und Auslassungen bei der Dokumentation.

Der Druck auf GPs nimmt zu

Mit einer sinkenden Zahl von Ärzten und einer wachsenden Patientenzahl stehen Allgemeinmediziner unter immensem Druck. Laut der British Medical Association (BMA) ist ein Vollzeit-GP heute für 2.273 Patienten verantwortlich – ein Anstieg von 17 % seit 2015.

Könnte KI eine Lösung sein, um administrative Aufgaben zu reduzieren und Burnout vorzubeugen? Eine Studie von Health Education England aus dem Jahr 2019 schätzt, dass neue Technologien wie KI mindestens eine Minute pro Patient sparen könnten – das entspricht 5,7 Millionen Stunden GP-Zeit.

Eine Untersuchung der Universität Oxford aus dem Jahr 2020 ergab, dass 44 % der Verwaltungsarbeit in der Allgemeinmedizin größtenteils oder vollständig automatisiert werden könnten, wodurch mehr Zeit für Patienten bleibt.

Das dänische Unternehmen Corti hat eine KI entwickelt, die Gesundheitsgespräche analysiert und Folgefragen, Behandlungsoptionen oder Notizen vorschlägt. Laut Lars Maaløe, Mitbegründer von Corti, verarbeitet die Technologie täglich 150.000 Patienteninteraktionen und hat bisher 100 Millionen Konsultationen weltweit unterstützt.

„Die Idee ist, dass Ärzte mehr Zeit mit Patienten verbringen können“, erklärt Maaløe. Die KI kann auch historische Patientendaten berücksichtigen und gezielte Fragen stellen, wie: „Haben Sie daran gedacht, nach Schmerzen im rechten Knie zu fragen?“

Bedenken und Chancen der KI im Gesundheitswesen

Doch wollen Patienten, dass Technologie ihre Gespräche aufzeichnet? Laut Maaløe verlässt die aufgezeichnete Daten den sicheren Systemrahmen nicht. Es sei jedoch wichtig, Patienten zu informieren.

Dr. Misra-Sharp teilt ihren Patienten mit, dass ein Gerät ihre Gespräche aufzeichnet. „Bisher hatte niemand ein Problem damit“, sagt sie.

Ein weiteres Beispiel für KI im Gesundheitswesen ist „C the Signs“. Diese Plattform analysiert mithilfe von KI Patientendaten auf Anzeichen von Krebs. „Es kann Symptome wie Husten oder Blähungen erkennen und relevante Informationen aus der medizinischen Vorgeschichte abrufen“, erklärt Dr. Bea Bakshi, Mitbegründerin der Plattform.

Laut Bakshi hat das System über 400.000 Krebsrisikobewertungen durchgeführt und 30.000 Krebspatienten in über 50 Kategorien identifiziert.

Der BMA-Bericht 2023 betont, dass KI Routineaufgaben automatisieren und die Effizienz steigern, aber keine Arbeitsplätze ersetzen soll. Dennoch warnt Alison Dennis von der Kanzlei Taylor Wessing vor den Risiken: „Unvalidierte KI könnte falsche Diagnosen liefern.“ Sie fordert, dass medizinische KI-Produkte reguliert und zertifiziert werden müssen.

Trotz offener Fragen hat KI für Ärzte wie Dr. Misra-Sharp die Arbeit erleichtert. „Ich genieße meine Konsultationen wieder, ohne mich von Zeitdruck belasten zu lassen.“

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