USA ohne Schnellzüge – doch das könnte sich ändern
Die Vereinigten Staaten zählen 340 Millionen Menschen, 71 Fernstraßen und mehr als 5.000 öffentliche Flughäfen. Dennoch existiert kein funktionierender Hochgeschwindigkeitszug im Land. Zwei Strecken befinden sich aktuell im Bau: San Francisco–Los Angeles und Las Vegas–Los Angeles. Rick Harnish von der High Speed Rail Alliance begrüßt die Entwicklung. Die Kalifornien-Strecke erfordert komplexe Bauarbeiten wegen der Gebirge. Die Nevada-Route verläuft hingegen über flaches Terrain, was den Bau vereinfacht.
Hoffnung im Nordwesten, Rückschritte in Texas
Zukünftige Schnellzugverbindungen sind für die Strecke Portland–Seattle–Vancouver sowie zwischen Dallas und Houston vorgesehen. Doch die Planungen im Nordwesten verlaufen langsam, während das texanische Projekt nach dem Rückzug eines 63,9-Millionen-Dollar-Zuschusses durch die Trump-Regierung auf wackeligen Beinen steht. Der internationale Vergleich zeigt die Schwächen: China plant 2025 über 50.000 Kilometer HSR-Netz, die EU hat 8.500 Kilometer, Spanien führt mit 3.190. Die USA bleibt deutlich zurück – auch wegen politischer Blockaden und mangelnder öffentlicher Unterstützung.
Warum die USA so hinterherhinkt
Laut Journalist Will Doig liegt das Problem in der Kultur: Autos dominieren den Alltag. Viele Bürger lehnen neue Bahntrassen ab. Außerdem zieht sich die US-Regierung häufig aus Bahnprojekten zurück. Auch personelle Probleme behindern den Fortschritt: Amtrak-Chef Stephen Gardner trat kürzlich nach politischem Druck zurück. Amtrak betreibt keine Hochgeschwindigkeitszüge, plant aber neue Acela-Züge mit bis zu 260 km/h. Doch nur 80 Kilometer der Strecke Boston–Washington erlauben diese Geschwindigkeit. Die laufenden Projekte in Kalifornien und Nevada werden unabhängig von Amtrak umgesetzt.
China baut – und exportiert sein Bahnmodell
China expandiert weiter und will sein Netz bis 2030 auf 60.000 Kilometer ausbauen. Laut dem Thinktank 21st Europe steigert ein Schnellzuganschluss das Wirtschaftswachstum chinesischer Städte um über 14 Prozent. Gleichzeitig exportieren chinesische Firmen Know-how nach Südostasien – nach Indonesien, Thailand, Vietnam und Malaysia. Will Doig sieht darin geopolitische Strategie. Viele Länder nehmen Kredite aus China auf und lassen sich von dort den Bau finanzieren. Daraus entstehen Abhängigkeiten, die Chinas Einfluss stärken.
Europas Erfolgsmodell und die kulturelle Frage
Auch Europa setzt auf Hochgeschwindigkeitszüge. Laut Kaave Pour von 21st Europe braucht die EU ein durchgängiges Netz zwischen allen Hauptstädten – auch in Großbritannien. Die USA könne davon lernen. Doch dafür sei ein grundlegender Wandel nötig: weniger Auto, mehr öffentlicher Verkehr, langfristige Infrastrukturpolitik. Harnish fordert eine klare Rolle der US-Bundesregierung. Doch diese zog sich zuletzt zurück: Verkehrsminister Sean Duffy stoppte die Förderung für das Projekt Houston–Dallas mit Verweis auf die Kosten.
Politischer Wille bleibt größte Hürde
Scott Sherin vom französischen Zughersteller Alstom zweifelt an der Bereitschaft, Steuergeld für Bahnausbau einzusetzen. Städte wie Dallas und Houston seien zu dicht bebaut, um dort neue Gleise zu verlegen. Auch Will Doig zeigt sich skeptisch: Eine Kooperation mit China wäre technisch sinnvoll, politisch jedoch derzeit ausgeschlossen. Ohne geopolitische Spannungen könnte daraus eine vielversprechende Partnerschaft entstehen – gerade dort, wo die USA beim Infrastrukturbau Nachholbedarf hat. Doch aktuell fehlt der politische Mut, neue Wege zu gehen.