Zwischen Drohungen, Diplomatie und politischem Druck
Donald Trump kündigte einst an, Kriege zu beenden. Doch ein Teil seiner Anhänger verlangt nun Zurückhaltung gegenüber dem Iran-Konflikt. Seine Aussagen schwanken zwischen Unterstützung für Israels Militärschläge und einer klaren Distanz zu diesen Angriffen. Dieses Hin und Her schafft zusätzliche Unsicherheit – ebenso wie sein abrupter Abflug vom G7-Gipfel in Kanada. Er erklärte, er müsse wegen “großer Dinge” nach Washington zurückkehren.
Das Weiße Haus verband den Abflug mit der Lage im Nahen Osten. Auf seiner Plattform Truth Social erklärte Trump später, es habe “nichts mit einem Waffenstillstand zu tun”. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu betonte zuvor, die Angriffe seien “vollständig mit den USA abgestimmt” gewesen.
Welche Optionen hat Trump nun? Was bestimmt seine Entscheidungen?
Erstens: Druck von Netanjahu und Eskalation
Während israelische Raketen Teheran trafen, drohte Trump Iran mit “noch brutaleren” Angriffen durch seinen israelischen Verbündeten, bewaffnet mit amerikanischen Bomben. Trumps Ziel bleibt klar: Iran soll keine Atombombe besitzen. Im Gegensatz zu Netanjahu bevorzugt er jedoch ein Abkommen mit Teheran – entsprechend seinem Selbstbild als genialer Verhandler.
Allerdings wechselt Trump ständig zwischen diplomatischem Ton und militärischen Drohungen. Letzte Woche erklärte er, ein israelischer Angriff könne entweder ein Abkommen ermöglichen – oder es vollständig zerstören. Seine Anhänger deuten diese Widersprüchlichkeit oft als Strategie – bekannt als “Madman-Theorie”. Diese Theorie stammt aus dem Kalten Krieg unter Nixon und geht davon aus, dass unberechenbares Verhalten den Gegner zur Kooperation zwingt.
Einige Berater und Unterstützer Trumps befürworten maximalen Druck und sehen in Gewaltandrohungen den einzigen Weg, Iran zum Einlenken zu bewegen – obwohl Iran 2015 einem Atomabkommen zustimmte, das Trump später kündigte. Netanjahu fordert dauerhaft militärische statt diplomatische Maßnahmen. Auch wenn Trump den Friedensnobelpreis anstrebt, könnte er sich gezwungen sehen, seinen Drohungen Taten folgen zu lassen.
Israel drängt im Hintergrund darauf, dass die USA ihre Bunkerbrecher-Bomben einsetzen – laut Israel notwendig, um Irans geheimes Atomlager in Fordo zu zerstören. Der innenpolitische Druck wächst. Republikanische Falken im Kongress verlangen seit Langem einen Regimewechsel in Iran.
Trump könnte argumentieren, dass eine militärische Eskalation Iran zu neuen Verhandlungen zwingen würde. Doch Iran saß bereits am Verhandlungstisch: Am Sonntag sollte in Oman ein sechster Gesprächszyklus mit Trumps Gesandtem Steve Witkoff beginnen. Diese Gespräche wurden abgesagt.
Zweitens: Der Mittelweg – Kurs halten
Bisher wiederholt Trump, dass die USA nicht direkt an Israels Angriffen beteiligt sind. Eine Eskalation birgt große Risiken für Trumps politisches Erbe. Amerikanische Zerstörer und Raketenabwehrsysteme unterstützen Israel bereits gegen iranische Vergeltungsschläge.
Sicherheitsberater im Nationalen Sicherheitsrat dürften Trump davor warnen, Maßnahmen zu ergreifen, die Israels Militäraktionen verschärfen könnten. Manche iranische Raketen durchbrachen bereits die israelisch-amerikanischen Verteidigungssysteme und richteten tödlichen Schaden an.
Netanjahu fordert nun, Irans Obersten Führer Ajatollah Khamenei gezielt anzugreifen – und behauptet, dies würde den Konflikt beenden. Ein US-Beamter erklärte am Wochenende anonym gegenüber mehreren Medien, Trump habe sich klar gegen diesen Vorschlag ausgesprochen.
Drittens: Stimmen aus der MAGA-Bewegung und der Ruf nach Rückzug
Trump spürt den Druck aus seiner eigenen Anhängerschaft. Zwar unterstützt ein Großteil der Republikaner weiterhin Israel – auch mit Waffenlieferungen –, doch einflussreiche Stimmen innerhalb der „Make America Great Again“-Bewegung lehnen die traditionelle bedingungslose Israel-Unterstützung ab.
In den vergangenen Tagen fragten viele, warum die USA sich in einen Nahostkrieg ziehen lassen sollten – entgegen Trumps „America First“-Versprechen. Der Trump-nahe Journalist Tucker Carlson kritisierte scharf, dass die USA sehr wohl involviert seien, und forderte, Washington solle sich von Israel distanzieren. Er warf Netanjahu vor, die USA in einen Krieg zu verwickeln, der nicht in ihrem Interesse liege.
Carlson schrieb: „Sich daran zu beteiligen wäre ein Schlag ins Gesicht für all jene, die für ‚America First‘ gestimmt haben.“ Auch die loyale Trump-Anhängerin Marjorie Taylor Greene postete auf X, dass jeder, der sich US-Einsatz im Iran-Israel-Krieg wünsche, kein echter Vertreter der MAGA-Bewegung sei.
Diese Kritik schwächt Trumps Position. Sie erhöht den Druck, sich öffentlich von Israels Offensive zu distanzieren. Trump reagierte darauf, indem er am Wochenende auf Social Media mitteilte, er habe sich Russlands Präsident Putin angeschlossen und einen Kriegsstopp gefordert. Am Sonntag erklärte er, Israel und Iran sollten verhandeln – die USA hätten „nichts mit dem Angriff auf Iran zu tun“.
Doch Iran hat bereits damit gedroht, US-Stützpunkte in der Region anzugreifen, falls Washington weiterhin Israel unterstütze. Kommt es zu amerikanischen Todesopfern, dürfte das Isolationismus-Lager innerhalb der MAGA-Bewegung noch stärker werden. Das wiederum könnte Trump zwingen, Netanjahu zu einer schnellen Beendigung der Angriffe zu drängen.