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Ungarn verankert Verbot von LGBTQ+-Veranstaltungen in der Verfassung – Scharfe Kritik aus dem In- und Ausland

by Jonas Bärtschi
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Budapest – Das ungarische Parlament hat eine umstrittene Verfassungsänderung beschlossen, die öffentliche LGBTQ+-Veranstaltungen – darunter Pride-Paraden – offiziell verbietet. Die Änderung wurde mit 140 zu 21 Stimmen verabschiedet und von Premierminister Viktor Orbán sowie seiner regierenden Fidesz-Partei vorangetrieben. Menschenrechtsorganisationen und EU-Vertreter verurteilten das Gesetz scharf und bezeichneten es als schweren Eingriff in Grundrechte und demokratische Freiheiten.

Die Änderung festigt ein bereits zuvor eingeführtes Verbot solcher Veranstaltungen und erlaubt den Behörden nun, Gesichtserkennungstechnologie einzusetzen, um Teilnehmende zu identifizieren und strafrechtlich zu verfolgen.


Regierung rechtfertigt Schritt mit „Kinderschutz“

Die Orbán-Regierung erklärt, die Verfassungsänderung solle Kinder in ihrer moralischen und psychischen Entwicklung schützen. Außerdem wird die rechtliche Anerkennung ausschließlich zweier Geschlechter – männlich und weiblich – festgeschrieben, was die Anerkennung von trans- und nicht-binären Personen unterbindet.

Zusätzlich erhält die Regierung die Befugnis, ungarischen Doppelstaatsbürger*innen die Staatsbürgerschaft für bis zu zehn Jahre zu entziehen, wenn sie als Bedrohung für die nationale Sicherheit gelten. Dies betrifft jedoch nur Personen, deren zweite Staatsangehörigkeit außerhalb der EU oder des EWR liegt.

Orbán warf in mehreren Reden ausländisch finanzierter Organisationen, Medien und Aktivist*innen vor, Ungarns Souveränität zu untergraben. Er kündigte an, dieses angebliche „Schattennetzwerk“ zerschlagen zu wollen.


Proteste im Land und internationale Empörung

Organisationen wie Amnesty International, das Ungarische Helsinki-Komitee und die Háttér Society warnten, das Gesetz sei nicht nur ein Angriff auf die LGBTQ+-Gemeinschaft, sondern Teil einer größeren Strategie zur Einschränkung von Meinungsfreiheit und Protestrechten.

Die Oppositionspartei Momentum versuchte, den Parlamentszugang physisch zu blockieren. Aktivist*innen ketteten sich aneinander und wurden gewaltsam von der Polizei entfernt. Die Partei zog Parallelen zu repressiven LGBTQ+-Gesetzen in Russland.

Trotz der neuen Verbote kündigten die Organisator*innen der Budapest Pride an, die Parade am 28. Juni wie geplant durchzuführen. „Das hier ist kein Kinderschutz – das ist politische Unterdrückung“, erklärten sie.


EU reagiert mit Besorgnis

Die Maßnahme löste europaweit scharfe Kritik aus. 22 Botschaften, darunter jene von Frankreich, Deutschland und dem Vereinigten Königreich, veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, in der sie die Einschränkung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit verurteilten.

EU-Gleichstellungskommissarin Hadja Lahbib zeigte sich solidarisch mit der ungarischen LGBTQ+-Community. Sie betonte, jede*r müsse frei leben und lieben dürfen und dass das Recht auf friedliche Versammlung ein zentraler Wert der Europäischen Union sei.

Bürgerrechtsorganisationen fordern die Europäische Kommission nun zum Handeln auf. Sie argumentieren, das neue Gesetz verletze europäische Grundwerte und das geltende EU-Recht.

„Das ist nicht nur ein Angriff auf LGBTQ+-Personen“, sagte die Ungarische Bürgerrechtsunion. „Es ist ein klarer Versuch, kritische Stimmen mundtot zu machen und die Macht der Regierung weiter auszubauen.“

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