Europäischer Glanz statt Premier-League-Tristesse
Ruben Amorim hat endlich seine Kritiker überrascht. Nach einem schwierigen Start mit nur sechs Siegen aus 23 Ligaspielen setzte sich Manchester United im Halbfinal-Hinspiel der Europa League mit 3:0 bei Athletic Bilbao durch. Die Europapokal-Abende geben Amorim und seiner Mannschaft jetzt realistische Hoffnung auf einen Titel.
Trotz einer Roten Karte für Bilbao zeigte United eine starke Vorstellung gegen das Team mit der besten Defensive in Spaniens Topliga. Der frühere Premier-League-Torwart Paul Robinson lobte die Leistung im britischen Radio: „Das war das Beste, was ich unter Amorim von Manchester United gesehen habe. Auch gegen zehn Mann muss man erst einmal überzeugen – das haben sie getan.“
Der frühere United-Spieler Robbie Savage äußerte sich im Fernsehen ähnlich: „Viele werden sagen, Bilbao hatte nur zehn Spieler. Aber gegen eine der besten Defensivreihen Europas drei Tore zu erzielen – das war beeindruckend.“
Enttäuschende Saison mit einzelnen Glanzpunkten
Amorims Zeit in Manchester verlief bisher holprig. Viele schwache Leistungen und bittere Niederlagen prägten seine Amtszeit. Doch einige besondere Ergebnisse gaben Anlass zur Hoffnung: ein Derbysieg gegen Manchester City im Dezember, ein 2:2 gegen Liverpool, das FA-Cup-Aus für Arsenal im Januar und der 4:1-Erfolg gegen Real Sociedad in der Europa League.
Für Amorim übertrifft der Sieg in Bilbao jedoch alles: „Das ist unser bestes Ergebnis – niemand hat das erwartet.“
Erfahrene Spieler bringen Ruhe ins Spiel
Nur wenige rechneten mit einer so souveränen Leistung von United im Estadio San Mamés, dem Austragungsort des Endspiels. Anfangs wirkte das Team nervös – Manuel Ugarte verlor mehrfach leichtfertig den Ball, die Defensive schien überfordert. Inaki Williams setzte sich im Luftduell durch, verfehlte aber knapp.
Patrick Dorgu stand viel zu weit vorne, was Williams Raum verschaffte. Dessen Flanke landete bei Alex Berenguer, dessen Schuss Victor Lindelöf auf der Linie blockte. Die lautstarke Stimmung der Heimfans brachte vor allem die jüngeren United-Spieler aus dem Konzept. Doch dann übernahmen die Routiniers das Kommando.
Casemiro zeigte eine Leistung wie in seinen besten Real-Madrid-Tagen – defensiv stark, am Ball sicher, und stets präsent bei hohen Bällen. Harry Maguire, oft kritisiert, schlug diesmal auf dem rechten Flügel die Flanke zum 1:0. Kapitän Bruno Fernandes blieb eiskalt – erst verwandelte er den Elfmeter zum 2:0, dann lupfte er nach einem Pass clever den dritten Treffer ins Tor.
Amorim würdigte seine erfahrenen Spieler: „Gerade am Anfang war Ugarte trotz Erfahrung nervös, auch Dorgu wirkte unsicher. Aber Casemiro, Maguire und Bruno haben das Team geführt.“
Halbfinale fast entschieden – aber noch nicht vorbei
Solche dominanten ersten Halbzeiten erlebt man bei United in Europa nur selten. Das war das erste Mal seit 2020, dass sie drei Tore vor der Pause erzielten – damals gegen Istanbul Basaksehir. Auswärts gelang das zuletzt 2017 gegen ZSKA Moskau.
Bilbao müsste nun in Manchester vier Tore erzielen – eine nahezu unmögliche Aufgabe. Ein rein englisches Finale mit Tottenham, das mit 3:1 gegen Bodo/Glimt gewann, scheint in Reichweite.
Bruno Fernandes formulierte es so: „Das Ergebnis war unglaublich. Wir hätten in der zweiten Hälfte mehr machen können, aber wir hatten das Spiel unter Kontrolle. Wir wollen mit unseren Fans noch einmal nach Bilbao reisen.“
Amorim denkt trotzdem nicht voraus: „Natürlich haben wir einen Vorteil. Unsere Fans werden uns helfen – aber alles kann in einem Spiel passieren.