Tausende Stellen betroffen – komplette Machtübernahme durch das State Department bis Ende September
Die Trump-Regierung plant die vollständige Auflösung aller Auslandsstellen der US-Entwicklungsbehörde USAID bis zum 30. September. Ein vertrauliches Schreiben des US-Außenministeriums, das dem Guardian vorliegt, bestätigt die Umstrukturierung: Das State Department wird sämtliche Auslandsprogramme übernehmen und damit die Entwicklungshilfe zentralisieren.
Die Anweisung betrifft tausende Beschäftigte weltweit – darunter diplomatisches Personal, Beraterverträge und lokale Angestellte in mehr als 100 Ländern. US-Botschaften wurden bereits angewiesen, sich auf die strukturellen Änderungen vorzubereiten.
Ab dem 15. Juni soll das Außenministerium schrittweise sämtliche Aufgaben und Projekte übernehmen, die bislang von USAID betreut wurden.
Radikaler Umbau folgt auf massive Kürzungen – Website gelöscht, Mitarbeiter ausgesperrt
Die Entscheidung markiert den letzten Schritt eines umfassenden Umbaus unter Trumps sogenannter Initiative zur „Effizienzsteigerung der Regierung“ (Doge). Bereits im Frühjahr hatte Außenminister Marco Rubio angekündigt, 5.200 der 6.200 USAID-Programme weltweit zu streichen.
Die Schließung begann mit einem Hilfsstopp per Dekret an Trumps erstem Tag im Amt. Wenige Wochen später verschwand die USAID-Website. Am 3. Februar erhielten Mitarbeitende eine Nachricht, sie sollten nicht zur Arbeit erscheinen – Server waren abgeschaltet, Führungskräfte entlassen oder beurlaubt.
Rubio übernahm sich daraufhin selbst als kommissarischer Leiter der Agentur und ließ das Washingtoner Hauptquartier verriegeln.
Chaos und Folgen: Interne Warnungen, Aktenvernichtung und Falschaussagen
Laut internen Dokumenten warnten hochrangige Mitarbeitende vor dramatischen Folgen: Bis zu eine Million Kinder könnten unbehandelt unter Mangelernährung leiden, 160.000 Todesfälle durch Malaria und 200.000 zusätzliche Fälle von Kinderlähmung seien möglich, sollte USAID aufgelöst werden.
Statt auf Kritik zu reagieren, ordnete die Agenturleitung im März die Vernichtung vertraulicher Unterlagen an. In einer E-Mail wies die amtierende Sekretärin Erica Y Carr das verbleibende Personal an, Shredder und sogenannte „Burn Bags“ zu verwenden.
Parallel verbreitete Elon Musk, als inoffizieller Leiter der Doge-Initiative, falsche Behauptungen über USAID. Er prahlte öffentlich, die Agentur „durch den Häcksler“ geschickt zu haben. Unter anderem erfand er ein 50-Millionen-Dollar-Projekt für Kondomlieferungen nach Gaza – eine Behauptung, die sich als falsch herausstellte.
Humanitäre Folgen ungeklärt – Kritik bleibt ungehört
Auch wenn humanitäre Hilfsleistungen später formal von der Kürzung ausgenommen wurden, bleiben zentrale Fragen offen. Die vollständige Zerschlagung von USAID ist historisch beispiellos – und signalisiert einen dramatischen Bruch mit jahrzehntelanger US-Entwicklungspolitik.
Die Übertragung aller Auslandshilfe an das State Department bedeutet nicht nur das Ende von USAID, sondern auch eine neue politische Kontrolle über amerikanische Entwicklungshilfe weltweit. In welchem Umfang diese Programme fortgeführt werden – und unter welchen Prioritäten –, ist derzeit unklar.